Eine Bürgerinitiative kämpft dafür, dass Berlin fast autofrei wird. Der Senat hatte dagegen geklagt – erfolglos. Doch nun könnte ein Volksentscheid die Verkehrswende bringen.
Die Initiative „Volksentscheid Berlin autofrei“ kann ihr Gesetzesvorhaben für ein weitgehendes Autoverbot in der Hauptstadt weiter verfolgen. Der Berliner Verfassungsgerichtshof hat den Antrag zur Einleitung des Volksbegehrens für zulässig erklärt.
Die Initiative hatte im Sommer 2021 mehr als 50.000 Unterschriften für die Einleitung eines entsprechenden Volksbegehrens zur Verkehrswende gesammelt. Nötig waren in dieser ersten Phase des Volksbegehrens 20.000 gültige Stimmen. Doch zum nächsten Sammelschritt kam es nicht: Der Senat hielt das in einem Gesetzentwurf formulierte Ziel für verfassungsrechtlich bedenklich und schaltete das Verfassungsgericht ein.
Die Richter sollten prüfen, ob ein solcher Volksentscheid überhaupt zulässig wäre. Berlins höchstes Gericht widersprach nun der Einschätzung des Senats. Der Gesetzesentwurf ist demnach vereinbar mit der Berliner Verfassung, dem Grundgesetz sowie Bundesrecht. Der Landesgesetzgeber habe nach dem Straßenrecht einen Gestaltungsfreiraum, sagte Gerichtspräsidentin Ludgera Selting. Es bestehe kein Anspruch darauf, dass eine bestimmte Nutzung des Straßenraums aufrechterhalten werde. „Das Straßennetz steht den Menschen weiter zur Verfügung“, sagte Selting.
Die Präsidentin betonte, dass das Gericht nicht darüber entschieden habe, ob Berlin autofrei werde. Die Richterinnen und Richter hätten lediglich zu beurteilen gehabt, ob sich der Gesetzentwurf im rechtlichen Grenzen bewege. Die Entscheidung fiel mit acht zu einer Stimme deutlich aus. Ein Richter hat ein Sondervotum verfasst.
Autofahrten könnten in Berlin reduziert werden
Nach den Plänen der Initiative sollen nach einer Übergangszeit von vier Jahren fast alle Straßen innerhalb des S-Bahn-Rings mit Ausnahme der Bundesstraßen zu „autoreduzierten Straßen“ erklärt werden. Private Autofahrten sollen pro Person nur bis zu zwölfmal im Jahr möglich sein.
Ausnahmen von dem faktischen Autoverbot soll es demnach für Menschen mit Behinderung, Polizei, Rettungsdienst, Feuerwehr, Müllabfuhr, Taxen sowie Wirtschafts- und Lieferverkehr geben. Das gilt auch für Busse.
Bürger sollen über Autos in Berlin entscheiden
Das Gericht kam zu dem Schluss, dass der Entwurf vereinbar ist mit der Berliner Verfassung, dem Grundgesetz sowie Bundesrecht. Damit ist die Initiative einen wesentlichen Schritt weiter.
Sie kann die nächste Phase des Volksbegehrens einleiten. Innerhalb von vier Monaten müssen die Unterschriften von mindestens sieben Prozent der Berliner Wahlberechtigten gesammelt werden. Das sind derzeit rund 170.000 Menschen.
Gelingt das, würde ein Volksentscheid folgen, bei dem wie bei einer Wahl über den Gesetzentwurf abgestimmt wird. Der Volksentscheid wäre erfolgreich und würde das Gesetz in Kraft setzen, wenn eine Mehrheit der Wähler und zugleich mindestens ein Viertel aller Wahlberechtigten zugestimmt haben.