US-Sängerin: Auf die Knie – und wer verliert? Sicher nicht Sabrina Carpenter

Sabrina Carpenter provoziert mit Sex – und gewinnt. Ihr Albumcover entfacht eine Netz-Debatte, doch dahinter steckt Strategie. Die Sängerin nutzt die Empörung als Bühne.

Ein Bild wie ein Algorithmus-Magnet: Sabrina Carpenter kniet auf dem Cover ihres neuen Albums „Mans Best Friend“, ein Mann hält sie dabei am Haar. Und das Internet? Reagiert, wie das Internet eben reagiert: mit maximaler Entrüstung. „Das ist kein Feminismus!“, „Male Gaze in Reinform!“, „Dieses Bild wirft uns um Jahrzehnte zurück!“ – als hätte irgendjemand das feministische Manifest auf TikTok neu aufgelegt. Doch wer Carpenter auf diese Pose reduziert, hat das Spiel nicht verstanden.

Die 26-jährige Popsängerin weiß, wie Pop funktioniert. Sex und Skandal sind nach wie vor die härteste Währung im Musikgeschäft. Ein Bild wie dieses erzeugt mehr Aufmerksamkeit als jeder kluge Songtext. Und Carpenter? Die wäre niemals so erfolgreich, wie sie es ist, und liefert ihre Erklärung dafür gleich mit: „Es ist immer so lustig für mich, wenn Leute sich beschweren. Sie sagen: ‚Das Einzige, was sie macht, ist über das hier zu singen.‘ Aber das sind die Songs, die ihr populär gemacht habt. Offensichtlich liebt ihr Sex. Ihr seid davon besessen.“

Sabrina Carpenter bringt ihre Kritiker in Erklärungsnot

Mit diesem Satz bringt sie ihre Kritiker und all die Empörten im Netz und in den Medien in Erklärungsnot – und offenbart die Doppelmoral einer Öffentlichkeit, die Sex will, aber Empörung bekommt, wenn eine Frau das Spiel selbstbewusst mitspielt.

Mit Superhits wie „Espresso“ (2,3 Milliarden Streams) oder „Please Please Please“ (1,4 Milliarden Streams) zeigt Carpenter: Sie versteht nicht nur, wie Aufmerksamkeitsökonomie funktioniert – sie kontrolliert sie und lebt sehr gut davon.

Sabrina Carpenter ist keine fremdgesteuerte Männerfantasie, sondern Regisseurin ihrer Inszenierungen. Wer ihre Musik kennt, merkt schnell: Sie spielt mit Geschlechterrollen, ironisiert ihre eigene Weiblichkeit und nimmt patriarchale Strukturen genüsslich auseinander. In „Manchild“ verspottet sie toxische Männlichkeit, in „Taste“ zerschlägt sie den Mythos vom „Catfight“ – zwei Frauen, ein Mann, keine Konkurrenz, sondern Solidarität.

Ihre Liveshows sind ein Safe Space für ihre Community

Auch ihre Liveshows sind keine Bühne für die eindimensionale Körpershow einer leicht bekleideten blonden Popsängerin, sondern ein Safe Space für ihre Community. Glitter-Bodys, Retro-Ästhetik, ehrliche Gespräche über Lust, Herzschmerz und Selbstbestimmung. Fans dürfen bei manchen Konzerten eigene Zeilen auf der Bühne performen.

Carpenter steht damit in einer langen Tradition weiblicher Popstars, die Sexualität als Ausdruck von Kontrolle nutzen: Madonna, Rihanna, Beyoncé. Auch sie provozierten, um Machtverhältnisse umzudrehen. Carpenter selbst sagt: „Wenn du nicht mit einem Mädchen klarkommst, das selbstbewusst mit ihrer Sexualität umgeht, dann komm nicht zu meinen Shows.“

Am Mittwoch hat Sabrina Carpenter ein alternatives Albumcover veröffentlicht, „approved by God“, wie sie auf Instagram schreibt
© instagram.com/sabrinacarpenter/

Eine klare Botschaft – und Carpenter meint es ernst. Auch politisch zeigt sie Haltung. Nach Trumps Wahlsieg 2024 sagte sie bei einem Konzert in Seattle: „Es tut mir leid für unser Land – und für die Frauen hier drinnen.“ Über die Plattform „HeadCount“ mobilisierte sie mehr junge Wähler als jede andere Künstlerin – auch das ist Teil ihrer Pop-Strategie: Selbstbestimmung nicht nur auf der Bühne, sondern auch im normalen Alltagsleben.

Und nun hat Sabrina Carpenter sogar noch einmal nachgelegt: Nach dem Shitstorm um ihr neues Albumcover bietet sie allen Kritikern ein harmloses alternatives Cover an. Schlicht in Schwarz-Weiß. Ihr Kopf ruht brav und bieder auf der Schulter eines Mannes, kein Sex, keine Provokation, nur sehr langweilig. Ihr ironischer Kommentar von Carpenter dazu: „Von Gott genehmigt.“