Freizeit: Schwimmmeister fordern mehr Einsatz von Eltern

Sommer, Sonne Badespaß: Doch viele Kinder können nicht sicher oder gar nicht schwimmen. Experten sehen auch Eltern in der Pflicht.

Schwimmen zu können gehört für viele Menschen zum Standard, doch für immer mehr Kinder in Deutschland gilt das nicht. Schwimmmeister und die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) sehen die Ursachen auch in den Familien der Kinder. 

„Schwimmkurse alleine reichen nicht. Das, was man lernt, muss gefestigt werden. Und spätestens da kommen die Eltern ins Spiel“, sagte Maximilian Faber, Geschäftsführer des Landesverbands Hessen des Bundesverbands Deutscher Schwimmmeister. Man müsse nach dem erlernten Schwimmen eine gewisse Zeit „dranbleiben und immer wieder regelmäßig das Erlernte wiederholen“. Eltern, Großeltern oder andere Verwandte sollten deshalb immer wieder mit Kindern schwimmen gehen.

Jeder springt mal ins Wasser

„Wir müssen das Schwimmen wieder als Pflichtübung für uns alle definieren. Es kann nicht sein, dass die Verantwortung komplett an die Schulen abgegeben wird“, sagte etwa auch Michael Hohmann, Präsident der DLRG Hessen. Seiner Ansicht nach ist es auch Aufgabe der Eltern, Großeltern, Onkels und Tanten dafür zu sorgen, dass Kinder schwimmen könnten, und zwar so, dass sie sicher schwimmen könnten.

Eric Voß, Leiter der Aus- und Fortbildung der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen sieht im Schwimmen auch eine Grundfähigkeit für das Leben: „Für mich selbst gehört Schwimmen neben Laufen und Radfahren zu den Fähigkeiten, die jeder Mensch erlernen sollte“. Jeder komme irgendwann im Leben in die Versuchung, ins Wasser zu gehen, „ob es bei einer Klassenfahrt ist oder im Urlaub mit den Eltern.“ Gerade deshalb seien Eltern in der Pflicht, ihren Kindern einen sicheren Umgang mit Wasser beizubringen. Auch um diese mit gutem Gewissen mal alleine ins Schwimmbad fahren zu lassen, sagte Voß. 

Schwimmenlernen in jungen Jahren einfacher

Das ideale Alter für das Schwimmenlernen sei zwischen fünf und sechs Jahren. Die Höchstgrenze liegt laut Faber bei zehn Jahren. Man merke, dass sich Kinder im etwas höheren Alter wieder schwerer mit dem Schwimmen tun, „weil die eine wesentlich stärkere Angst entwickeln beim Schwimmenlernen.“ Insbesondere die Angst vor dem Untertauchen und das Ausmalen möglicher Konsequenzen spiele bei älteren Kindern eine größere Rolle als bei jüngeren. 

Er und seine Kollegen sähen immer mehr Kinder, die nicht richtig schwimmen könnten und diese seien wiederum immer älter. „Man hat teilweise auch zehn-, elf-, zwölfjährige Nichtschwimmer im Bad.“ Die Tendenz steige. Faber sieht darin zum Teil Spätfolgen der Corona-Pandemie, aber auch mangelndes Schulschwimmen sei ein Problem. Insbesondere die Verfügbarkeit von Lehrkräften und Wasserflächen sei nicht immer überall gegeben. 

Die DLRG spricht von gravierenden Zahlen: „20 Prozent der Grundschüler können beim Übergang in eine weiterführende Schule überhaupt nicht schwimmen“, sagte Präsident Hohmann mit Blick auf eine Forsa-Umfrage von 2022.“Dieser Anteil lag 2017 noch bei 10 Prozent.“ Und 60 Prozent seien keine sicheren Schwimmer. Nach Einschätzung von Hohmann sind die Zahlen weiter aktuell. 

Eltern mit „Vollkasko-Mentalität“ 

Hohmann kritisierte auch eine fehlende Aufmerksamkeit der Eltern, etwa weil sie sich mit ihrem Handy beschäftigten, anstatt auf die badenden Kinder aufzupassen. „Das ist eine ganz gefährliche Entwicklung, die wir da erleben.“ 

Eine Veränderung von Eltern im Umgang mit ihren Kindern stellt auch die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen fest. Eltern würden sich mittlerweile mehr auf Bademeister und Schwimmkurse verlassen, sagte Geschäftsstellenleiter Eric Voß. Dem eigenen Nachwuchs beim Schwimmenlernen zu helfen, sei die Ausnahme. Auch die Kinder ins Schwimmbad zu begleiten, werde immer seltener. 

Gerade in öffentlichen Schwimmbädern gibt es nach Ansicht des Schwimmmeister Faber oftmals eine Art „Vollkasko-Mentalität“. „Ich gehe ins Schwimmbad, zahle meinen Eintritt und ab da guckt der Bademeister nach dem Kind und ich kann mich mit dem Smartphone auf die Wiese legen und Feierabend.“ Kleine Nichtschwimmer-Kinder würden dementsprechend oft alleine durchs Bad laufen und bestenfalls irgendwann vom Personal oder anderen Gästen aufgegabelt, bevor es zum Unglück kommt. 

„Das wird zu Hause mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht der Fall sein und dann ist es zu spät“, betonte Hohmann von der DLRG. „Deshalb ertrinken eben auch sehr viele kleine Kinder in heimischen Badepools oder Gartenteichen.“

Zahl der Badetoten rückläufig

Erfreulich allerdings: die Zahl der Badetoten in öffentlichen Gewässern in Hessen sank im vergangenen Jahr. Nach einer aktuellen Statistik der DLRG ertranken 2024 in den Gewässern hierzulande 12 Menschen, im Vorjahr waren es 18 gewesen. 

Insbesondere in den Sommermonaten sind die Zahlen allerdings naturgemäß hoch: Alleine sechs Badetote wurden 2024 im Juli registriert. Im September waren zwei Menschen ertrunken, im Februar, April, Juni und Dezember jeweils einer. Unter den Ertrunkenen war 2024 auch ein Kind unter 10 Jahre. Im Juni dieses Jahres starb zuletzt ein neun Jahre altes Mädchen in einem Frankfurter Freibad.