Winfried Schreiber ist im Umweltministerium für den Wiederaufbau des Ahrtals zuständig gewesen. Im Ruhestand blickt er zurück auf eine bewegende Zeit.
Über seinen Schreibtisch sind die Anträge für Millionen von Euro gegangen. Alles, was im Ahrtal nach der Flutkatastrophe wiederaufgebaut und dabei vom Umweltministerium gefördert wurde, hat Winfried Schreiber gesehen. „Ohne ihn wäre der Wiederaufbau nicht so gelaufen, wie er es jetzt ist“, sagt die rheinland-pfälzische Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) über den ehemaligen Referatsleiter in ihrem Ministerium.
Seit Anfang des Monats ist Schreiber im Ruhestand. Doch das Ahrtal lässt ihn auch da nicht ganz los. Einen Tag in der Woche arbeitet er weiterhin als Berater für das Umweltministerium. Das Ahrtal, die Projekte des Wiederaufbaus und die Menschen vor Ort haben ihn die vergangenen vier Jahre täglich begleitet.
Er habe nach der Katastrophe nachhaltige Lösungen entwickelt, statt erst mal „Checklisten und Formulare abzuarbeiten“, sagt Eder. „Er hat stets nahbar und im Sinne einer Lösung für die Menschen vor Ort gehandelt.“
„Nicht lange prüfen, sondern entscheiden und weitermachen.“
Nach der Flutkatastrophe mit 136 Toten in Rheinland-Pfalz am 14. und 15. Juli 2021 sei das Thema Wiederaufbau zu seinem Referat dazugekommen, erinnert sich Schreiber. „Also wir haben dann in dem Referat einfach die Aufgabe mitgemacht.“ Das sei nur gegangen, weil sie vorher schon ein digitales Fördersystem aufgebaut hatten. „Das haben wir eigentlich relativ schnell, innerhalb von fünf bis sechs Monaten, angepasst auf den Wiederaufbau.“
Im ersten Jahr sei er ein- bis zweimal die Woche ins Ahrtal gefahren. „Es geht eigentlich fast immer oder eigentlich bis heute darum, den Kommunen Sicherheit zu geben, wenn die Bauvorhaben anstehen“, sagt der 66-Jährige. Das entscheidende sei: „Nicht lange prüfen, sondern entscheiden und weitermachen.“ Sein Antrieb sei immer gewesen, nicht mit Bedenken zu kommen, sondern Lösungen anzubieten.
„Pragmatischer Geist“
Diese Einstellung schätzen auch die Menschen im Ahrtal an Schreiber. Guido Orthen (CDU), Bürgermeister von Bad Neuenahr-Ahrweiler, beschreibt ihn als pragmatischen und kommunal-freundlichen Geist „in einer Zeit, wo viele, insbesondere in Ober- und Mittelbehörden, nur noch den Gesetzeswortlaut kennen.“
Ahr-Landrätin Cornelia Weigand (parteilos) sagt, er habe beim Wiederaufbau im Ahrtal nicht nach Problemen und Hindernissen geschaut, sondern nach Lösungen. „Und er hat dabei nach dem unkompliziertesten Weg zum besten Ergebnis gesucht. Er hat beim Aufbau des Ahrtals eine entscheidende Rolle gespielt.“
Hinter jedem Mensch steckt ein Schicksal
Das Umweltministerium sei für die Wasserversorgung, die Abwasserbeseitigung, den Hochwasserschutzes und den Wiederaufbau aller zerstörten Gewässer zuständig. „Und da war ich natürlich bei allen Projekten dabei“, sagt Schreiber. „Das sind so etwa 2.000, die wir zu beackern haben, im Umfang von etwa zwei Milliarden Investitionsvolumen.“ Als Beispiel nannte er zwei Kläranlagen, die wiederaufgebaut werden. Und: „Der meiste Aufwand, muss man eigentlich sagen, ist die Gewässerwiederherstellung, weil das zum Teil sehr komplexe Verfahren sind und sehr viel schwierige Randbedingungen sind, die man lösen muss.“
Die Zusammenarbeit mit den Kommunen sei von Anfang an sehr gut und vertrauensvoll gelaufen, sagte Schreiber. Schwierig seien hingegen meist die Überraschungen gewesen – etwa Pipelines oder Gasleitungen, die gefunden wurden. „Im ersten Winter ging es natürlich hauptsächlich um Schnelligkeit. Die Menschen wollten mit Wärme versorgt werden“, sagt er. „Da ist eine Gasleitung einfach gelegt worden, da wo es ging.“
Im Ruhestand will er sich nun mehr Zeit für Sporthobby und Enkel nehmen, aber das Ahrtal wird er nicht vergessen. „Es gibt natürlich ein paar Orte, die mir besonders am Herzen liegen, aber es sind eigentlich eher die Menschen“, sagt er. „Weil fast hinter jedem, den ich kennengelernt habe, steckt irgendein persönliches Schicksal.“ Wie er damit umgeht? „Empathisch mit Menschen umgehen.“