Ist die Kita-Betreuung in NRW zu teuer und zu unzuverlässig? Vielerorts sei genau das der Alltag frustrierter Eltern, mahnt die SPD. Die Regierung verspricht hingegen Fortschritte.
Eltern müssen sich vielerorts in Nordrhein-Westfalen auch im neuen Kita-Jahr auf Personalnot, eingeschränkte Angebote sowie steigende Kosten für Gebühren und Verpflegung einstellen. Da das Platzangebot trotz mangelhafter Bedarfsdeckung seit Jahren schrumpfe und der Fachkräftemangel anhalte, gebe es kaum Hoffnung auf Besserung, sagte der familienpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Dennis Maelzer, in Düsseldorf.
102 der insgesamt rund 11.000 Einrichtungen in NRW würden nun sogar geschlossen. Auch wenn im Gegenzug ein paar neue öffneten, so gebe es dieses Jahr erstmals weniger Kitas als zuvor.
Mit einer durchschnittlichen landesweiten Betreuungsquote von rund 32 Prozent bei Kindern unter drei Jahren sei NRW weit vom tatsächlichen Bedarf entfernt. Das Deutsche Jugendinstitut habe ermittelt, dass in NRW für mehr als jedes zweite Kind dieser Altersgruppe ein Platz benötigt werde.
Familienministerin verweist auf Fortschritte
NRW-Familienministerin Josefine Paul (Grüne) versicherte: „Es ist mein Anspruch, dass wir für Kinder, ihre Eltern und die Beschäftigten auch im kommenden Jahr mehr Stabilität und Verlässlichkeit in der frühkindlichen Bildung erreichen.“ Im Zehn-Jahres-Vergleich habe die Zahl der Betreuungsplätze in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege um rund 22,5 Prozent auf beinahe 760.000 Plätze gesteigert werden können.
Der Bedarf sei aber regional unterschiedlich und werde auch künftig mit Blick auf die sinkende Geburtenrate stärker variieren. „Auch in diesem Kita-Jahr bleibt der Fachkräftemangel eine große Herausforderung für die Kitas“, räumte die Ministerin in einer Mitteilung ein.
Morgendlicher Stress-Test: Kita auf, Kita zu?
Schon im abgelaufenen Kita-Jahr hatten Eltern vielerorts unangenehme Klippen zu umschiffen: Immer wieder gab es geschlossene Gruppen, verkürzte Öffnungszeiten und kurzfristige Kita-Schließungen. Zwischen August 2024 und Juli 2025 meldeten die Einrichtungen in NRW rund 34.000 Mal personelle Unterbesetzungen, wie aus Daten hervorgeht, die das Familienministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf zur Verfügung stellte.
Kurzfristige Personalausfälle können vor allem in der Erkältungszeit kaum kompensiert werden. Mehr als 1.000 Mal mussten Kitas komplett dicht gemacht werden, weil Erzieher fehlten. Noch weitaus häufiger wurden einzelne Gruppen geschlossen.
SPD: Instabile Kita-Betreuung schreckt Eltern ab
Nach Zahlen des Familienministeriums werden nun mehr als 5.000 Kinder weniger betreut als im Vorjahr. Für das rückläufige Platzangebot in Kitas und bei Tagesmüttern sieht SPD-Abgeordneter Maelzer einen Mix an Gründen.
Einerseits gingen die Kita-Träger finanziell am Stock und könnten ihre Angebote kaum sichern, geschweige denn bedarfsgerecht erweitern. Andrerseits hätten Eltern jahrelang erlebt, wie unzuverlässig die Betreuungssituation sei, so dass manche überlegten, lieber ihre Elternzeit zu verlängern statt alle paar Tage mitten im Job ein spontanes Betreuungsproblem lösen zu müssen. Sie warteten lieber noch ab, bevor sie ihre Kinder anmelden.
Ob das hilft, ist aus Sicht der SPD allerdings fraglich: „Wir erleben wenig Hoffnung auf Besserung, weil wir auch keinen Fahrplan sehen, den die Landesregierung verfolgt, dass es einmal besser werden könnte“, kritisierte Maelzer. Er warf Familienministerin Josefine Paul (Grüne) vor, im Gegensatz zu ihrem Amtsvorgänger Joachim Stamp (FDP) einen landesweiten Überblick über stark unterschiedliche, abschreckende Elterngebühren sowie Verpflegungskosten zu verweigern.
Gebühren-Flickenteppich: Von null bis zu mehreren Hundert Euro
Nach Recherchen der SPD werden die Gebühren im neuen Kita-Jahr vielerorts steigen. Beispiele seien Dortmund, Rheine, Arnsberg, Erkelenz sowie die Kreise Coesfeld und Warendorf. In Velbert werden demzufolge in diesem Jahr erstmals wieder Gebühren erhoben – ab einem Jahreseinkommen von 80.000 Euro.
Da die Städte selbst festlegen, wie hoch die Gebühren sind, ist die Folge ein Flickenteppich: von Beitragsfreiheit für Kinder ab drei Jahren bis zu mehreren Hundert Euro pro Monat für kleinere Kinder bei einem mittleren Haushaltseinkommen der Eltern. Von gleichwertigen Lebensverhältnissen, für die die Landesregierung eigentlich zu sorgen habe, könne keine Rede sein, kritisierte Maelzer.
In den letzten beiden Kita-Jahren vor der Einschulung ist die Betreuung landesweit gebührenfrei. Ein im schwarz-grünen Koalitionsvertrag in Aussicht gestelltes drittes beitragsfreies Jahr ist ebenso wie die angestrebte kostenfreie Verpflegung in den Einrichtungen weiter nicht in Sicht.
Kosten-Hürde Mittagessen
Auch die Kosten für die Mittagsverpflegung variierten stark von Stadt zu Stadt, stellte die SPD fest. Zudem werde hier meistens keine Rücksicht auf die unterschiedliche Finanzkraft der Eltern genommen.
Die Landesregierung arbeite bereits an einem Kita-Sozialindex, um die Förderung von Kindern in herausfordernden Lebenslagen zu verbessern, betonte das Familienministerium. Für mehr Chancengerechtigkeit in der frühkindlichen Bildung werde gesorgt. Trotz angespannter Haushaltslage stelle die Landesregierung im kommenden Jahr zusätzlich fast 370 Millionen Euro für diesen Bereich zur Verfügung, so dass NRW damit knapp sechs Milliarden Euro in die frühkindliche Bildung investiere.