Debatte über Brandmauer: Begegnung mit AfD – Union auf Distanz zu CDU-Politikerin

Die CDU-Abgeordnete Ludwig ist bei einer Denkfabrik in Ungarn zu Gast, die als Kaderschmiede der Regierung von Rechtspopulist Orban gilt. Dort trifft sie auf AfD-Chefin Weidel. Die Union reagiert.

Beim Festival einer rechten Denkfabrik in Ungarn trifft die CDU-Politikerin Saskia Ludwig auf AfD-Chefin Alice Weidel – nun geht die Unionsfraktion im Bundestag auf Distanz zu ihrer Abgeordneten. „Frau Ludwig hat an der Veranstaltung nicht im Auftrag der Fraktion und ohne Wissen der Fraktionsführung teilgenommen“, sagte eine Sprecherin auf Anfrage. „Der Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU gilt und schließt jede Zusammenarbeit mit der AfD aus. An diesen ist jedes CDU-Mitglied gebunden.“ Zuvor berichtete der „Tagesspiegel“ darüber.

Die Brandenburger CDU-Politikerin nahm Anfang August am Festival des Mathias-Corvinus-Collegiums (MCC) in Esztergom nahe Budapest in Ungarn teil. Ein Sprecher von Ludwig bestätigte der Deutschen Presse-Agentur ihre Teilnahme. Ludwig war laut MCC-Internetseite beim Podium „Eine neue Regierung in unsicheren weltpolitischen Gewässern“ am 1. August dabei. Auf ungeprüften Fotos, die im Netz kursieren, sind Ludwig und Weidel beim Festival zu sehen.

Das MCC gilt als Kaderschmiede der Regierung des ungarischen Ministerpräsidenten und Rechtspopulisten Viktor Orban. Die Denkfabrik und Bildungseinrichtung importiert unter anderem Ideen rechter Publizisten aus den USA. Beim Festival war laut Facebook-Seite des MCC Orban zu Gast, ebenso Tech-Milliardär Peter Thiel, der bekannt für rechtskonservative Positionen ist.

Ludwig verweist auf freien Meinungsaustausch

Die CDU-Abgeordnete äußerte sich auf Anfrage nicht. Ihr Sprecher verwies auf Zitate im Onlineportal „Nius“: „Freier Meinungsaustausch ist ein zentrales Element einer demokratischen Gesellschaft“, sagte Ludwig dort. „Deshalb war es für mich selbstverständlich, mich mit verschiedensten Besuchern auszutauschen, ohne Angst vor Repressionen haben zu müssen.“ Nach Angaben des Sprechers war es ihr zweiter Besuch einer MCC-Veranstaltung.

AfD-Chefin Weidel zeigte sich verwundert über Kritik. „Das Gespräch mit Frau Ludwig war ein zwangloses und eher kurzes. Die Aufregung in den sozialen Medien sind aus der Sicht von Frau Weidel nicht nachvollziehbar“, sagte ein Sprecher von Weidel der dpa. „Dass sich zwei Bundestagsabgeordnete unterhalten, sollte kein gröberes Problem darstellen.“

Grüne Jugend will Ausschluss von Ludwig

Die Grüne Jugend verlangte den Ausschluss von Ludwig aus der Unions-Bundestagsfraktion. Die Union habe in ihren Reihen ein Problem beim Umgang mit Rechtsextremen, sagte der Co-Chef der Grünen-Nachwuchsorganisation, Jakob Blasel, der dpa. „Der einzig richtige Schluss kann daher nur sein, für unsere Demokratie einzustehen und Saskia Ludwig aus der Fraktion zu werfen. Die Brandmauer muss stehen!“

Die CDU Brandenburg, Ludwigs Landesverband, verwies auf die Linie zum Umgang mit der AfD. „Es gibt einen klaren Parteitagsbeschluss, der Koalitionen mit der AfD ausschließt“, sagte Generalsekretär Gordon Hoffmann. „Das gilt so lange, bis ein Bundesparteitag etwas anderes beschließt.“ Dafür sehe er „nicht einmal ansatzweise die Mehrheiten“. Der Chef des Jungen Sozialflügels der CDU Brandenburg (JCDA), Gregory Gosciniak, sagte, Ludwig habe ihr Vertretungsrecht „endgültig verwirkt“.

Nach dem Unvereinbarkeitsbeschluss der Bundespartei aus dem Jahr 2018 lehnt die CDU Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit mit der AfD und der Linken ab. CDU-Chef Friedrich Merz machte mehrfach klar, dass es für ihn keine Zusammenarbeit mit der AfD geben wird. Als designierter Parteichef drohte er 2021 im „Spiegel“ vor allem kooperationswilligen Christdemokraten der Ost-Landesverbände mit Parteiausschluss.

Ludwig sorgte bereits für Kritik

Ludwig gilt als eine der größten Kritikerinnen der SPD-Verfassungsrichterkandidatin Frauke Brosius-Gersdorf. Die CDU-Politikerin hatte auf dem Portal X gefordert, solange Plagiatsvorwürfe gegen Brosius-Gersdorf nicht restlos ausgeräumt seien, müsse die Juristin ihr Amt am Lehrstuhl der Universität Potsdam ruhen lassen. Inzwischen sieht die Universität Potsdam nach Plagiatsvorwürfen einen Anfangsverdacht bei Ludwigs eigener Doktorarbeit.

Ludwig sorgte schon mehrfach für Kritik. Im Januar hatte sie sich im Interview des Senders TV Berlin gegen eine Brandmauer zur AfD gewandt und offen für eine „Mitte-Rechts-Koalition“ gezeigt. Im Jahr 2017 führte sie ein gemeinsames Interview mit dem früheren AfD-Landeschef und ehemaligen Bundesvize Alexander Gauland in der „Jungen Freiheit“.

Von 2010 bis 2012 stand Ludwig als Landesvorsitzende an der Spitze der CDU Brandenburg. Von 2004 bis 2025 war sie Abgeordnete des Landtags, seit 2025 ist sie Bundestagsabgeordnete, zwischenzeitlich war sie in Bundestag und Landtag.