Influencer zeigen ihr Leben in sozialen Medien, bewerben dabei zahlreiche Produkte – und zahlen dafür womöglich keine Steuern. Nun sind sie deshalb im Visier der Behörden.
Berliner Steuerfahnder nehmen derzeit Tausende Unterlagen sogenannter Influencer unter die Lupe. Dem Finanzamt für Fahndung und Strafsachen lägen rund 4.000 Datensätze im Zusammenhang mit Social-Media-Akteuren vor, teilte Finanzstaatssekretär Wolfgang Schyrocki auf eine parlamentarische Anfrage aus der SPD-Fraktion mit.
Die Daten würden gesichtet, aufbereitet und im Anschluss den Berliner Finanzämtern zur weiteren Bearbeitung übermittelt. Berlin tausche sich dabei auch mit den Steueraufsichtsstellen der anderen Bundesländer aus. Zuerst hatte die „Berliner Morgenpost“ über das Thema berichtet.
„Allein die Tatsache, dass Personen oder Unternehmen in diesen Datensätzen aufgeführt sind, lässt nicht automatisch auf ein steuerliches Fehlverhalten schließen“, erklärte Schyrocki. „Wie in anderen Einkommensbereichen bestehtjedoch auch bei Einnahmen, die über Social-Media-Plattformen erzielt werden, das Risiko, dass Einkünfte nicht ordnungsgemäß erklärt werden.“ In dem Fall drohen Nachzahlungen und Strafen.
Hoher Steuerschaden in NRW
Mitte Juli war bekanntgeworden, dass Influencer allein den Fiskus in Nordrhein-Westfalen um rund 300 Millionen Euro betrogen haben sollen. Die dortigen Steuerfahnder analysieren demnach ein Paket mehrerer Social-Media-Plattformen mit 6.000 Datensätzen, aus denen sich der mutmaßliche Millionen-Schaden ergibt. Auch andere Bundesländer sollen betroffen sein.
Zur Herkunft der Berliner Datensätze lagen keine Angaben vor. Laut Senatsfinanzverwaltung liegt jedoch die Vermutung nahe, dass es sich umDaten aus den gleichen Datenpaketen wie in NRW handelt. Das dortige Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität hatte nicht offengelegt, um welche Daten es sich konkret handelt.
SPD-Politiker will nachhaken
Die Anfrage gestellt hatte der Steuerexperte der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Sebastian Schlüsselburg. Die Antwort der Senatsfinanzverwaltung reicht ihm nicht aus.
„Während Nordrhein-Westfalen offensiv und transparent gegen möglichen Steuerbetrug von Influencern vorgeht, beschränkt sich der Berliner Senat auf defensive Antworten“, kritisierte er. „Dabei liegen in Berlin selbst 4.000 Datensätze auf dem Tisch.“ Doch konkrete Zahlen oder Informationen über Ermittlungen oder Nachveranlagungen bleibe der Senat schuldig.
Er werde hier nachhaken, so Schlüsselburg. „Denn hier geht es um Gerechtigkeit.“ Eine Kassiererin im Supermarkt müsse jeden Cent versteuern – und mit ihren Klicks mache sie Influencer reich, die dann oft ihre Steuern nicht ordentlich zahlten. „Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt, sondern schadet uns allen.“