Amanda Knox und Monica Lewinsky: Wie sie ihre Narrative zurückeroberten

Sie wurden zur Zielscheibe der Weltpresse. Jetzt zeigen Amanda Knox und Monica Lewinsky, wie man sich selbst neu definiert.

Für die Weltpresse waren sie Schlagzeilen, wurden zu Symbolfiguren für Skandal und Scham – und mussten jahrelang mit den Folgen leben. Heute wollen Monica Lewinsky (51) und Amanda Knox (38) ihre Geschichten selbst erzählen. Im gemeinsamen Interview haben die beiden nun darüber gesprochen, wie sie einander fanden, sich gegenseitig halfen und wie daraus eine TV-Serie über Knox‘ Schicksal entstand.

2017, bei einem Vortrag in einer US-Universität, trafen sich die beiden Frauen zum ersten Mal. Knox, deren Gesicht nach dem Mordfall von Perugia 2007 jahrelang die Titelseiten beherrschte, bat darum, Lewinsky persönlich sprechen zu dürfen. „Sie gab mir viele Ratschläge, wie ich meine Stimme und meine eigene Geschichte zurückgewinnen kann“, sagt Knox im Gespräch mit „The Hollywood Reporter“. „Das wurde zu einem Wendepunkt für mich.“

Auch Lewinsky, die in den 1990ern im Zentrum des Clinton-Skandals stand, erkannte sich in Knox wieder: „Als wir uns trafen, sah ich in ihr denselben Schmerz, den ich selbst kannte. Sie wollte unbedingt aus dem Käfig ausbrechen, in den sie gesteckt worden war. Aber man sieht nicht oft, dass Menschen ihre Geschichte öffentlich zurückerobern. Es gab keinen Fahrplan für uns. Unsere Situationen waren unterschiedlich, aber trotz allem Verrat, den ich erlebt habe, hatte ich Glück, dass ich den Menschen noch vertrauen kann.“

Serie „The Twisted Tale of Amanda Knox“ soll nicht nur Mordfall erzählen

Aus dieser Begegnung entwickelte sich eine Freundschaft – und schließlich eine Zusammenarbeit. Gemeinsam produzierten Lewinsky und Knox die neue Hulu-Miniserie „The Twisted Tale of Amanda Knox“, die seit 20. August verfügbar ist. Acht Episoden erzählen nicht nur den Mordfall an Meredith Kercher und den anschließenden Justizmarathon in Italien, sondern auch die zerstörerische Rolle der Medien.

„Es wäre einfach gewesen, die Serie nach meiner Freisprechung enden zu lassen“, so Knox. „Aber die eigentliche Geschichte beginnt danach – wenn die Schlagzeilen verstummen und du dein Leben neu zusammensetzen musst.“

Lewinsky ergänzt: „Wir wollten keine schwarz-weiße Story. Es geht nicht um ‚Wer war’s?‘, sondern um ‚Wie konnte das passieren?‘ Wie konnte eine 20-jährige Austauschstudentin ohne Sprachkenntnisse als Femme fatale dämonisiert werden? Wie arbeitet ein Mediensystem, das Menschen auf Schlagworte reduziert?“

Amanda Knox und Monica Lewinsky spüren bis heute Folgen ihrer Skandale

Beide Frauen sprechen offen über die bis heute spürbaren Nachwirkungen ihrer Skandale. Knox erinnert sich an die Zeit nach ihrer Freilassung: „Es gibt keine Anonymität mehr. Aber das Letzte, was ich nach meiner Freilassung wollte, war, in einem Haus eingesperrt zu sein, aus dessen Fenstern ich nicht einmal hinausschauen konnte – wieder in die Welt eingeführt, aber mit einem neuen Gefängnis um mich herum.“ Lewinsky gesteht, dass sie auch Jahrzehnte nach dem Affären-Skandal noch immer Angst habe: „Was, wenn ich einen Fehler mache und alles verliere? Das ist sehr real.“

Doch beide haben gelernt, die Öffentlichkeit aktiv zu nutzen: Lewinsky produziert TV-Projekte, Knox moderiert True-Crime-Podcasts. „Medien sind nicht per se schlecht; sie sind ein Werkzeug. Wenn man auf der falschen Seite war, lernt man, die Macht, Informationen zu teilen, zu schätzen – und die Verantwortung, dies ethisch, fair, mitfühlend und menschenwürdig zu tun“, sagt Knox.

Knox wünscht sich, dass das Publikum vor allem eine Botschaft aus der acht Folgen langen Serie mitnimmt: „Letztlich wollte ich nach all der Ächtung und dem Gefängnis menschliche Verbindung suchen… Ich wollte, dass die Leute meine Erfahrung nachvollziehen können. Dass sie sagen: ‚Ich verstehe.'“ Sie fügt hinzu: „Niemand sollte deine Geschichte erzählen außer dir selbst.“