Verteidigung: Ringen um Wehrgesetz: Nach Kabinettsbeschluss nachschärfen?

Nachdem der CDU-Außenminister eingelenkt hat, wird das Wehrdienstgesetz des SPD-Verteidigungsministers durchs Kabinett wohl durchgehen. Aber was passiert danach?

Die SPD stemmt sich gegen Bestrebungen der Union, das geplante Wehrdienstgesetz in den Parlamentsberatungen nachzuschärfen. Dabei geht es der Union um verbindliche jährliche Zielvorgaben für die Aufstockung der Bundeswehr mit Freiwilligen, deren Unterschreiten Schritte zu einer Wehrpflicht auslösen soll.

„Man sollte vielleicht erstmal abwarten, wie ein Gesetz wirkt, bevor man schon vorweg die Verschärfung fordert“, sagte der SPD-Verteidigungsexperte Christoph Schmid der „Augsburger Allgemeinen“ (Dienstag). Die fachlich zuständige Vize-Fraktionsvorsitzende Siemtje Möller sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: „Wir haben uns im Koalitionsvertrag eindeutig verständigt: Der neue Wehrdienst startet freiwillig – und das gilt.“

Worum es beim Wehrdienstgesetz geht

Der Wehrdienstgesetz-Entwurf von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) soll nun am Mittwoch vom Kabinett beschlossen werden. Er setzt auf Freiwilligkeit und einen – auch finanziell – attraktiveren Dienst, um mehr junge Leute für die Bundeswehr zu gewinnen.

Die Bundeswehr benötigt etwa 80.000 zusätzliche aktive Soldaten. Denn die Nato hält für sie eine Größenordnung von 260.000 für erforderlich, um einem Angriff etwa Russlands standzuhalten.

Warum es noch Irritationen gab

Am Montag hatte es noch Irritationen gegeben, weil Außenminister Johann Wadephul (CDU) zwischenzeitlich Einspruch gegen den Gesetzentwurf eingelegt hatte – mit einem sogenannten Ministervorbehalt -, um die Bedenken der Union geltend zu machen. Damit hätte er die Verabschiedung zunächst gestoppt. Doch nach Gesprächen zwischen den Ministerien zog er seinen Vorbehalt am Nachmittag zurück.

„Die Punkte, die für die ursprüngliche Einlegung maßgeblich waren, konnten in heutigen Gesprächen geklärt werden“, hieß es aus dem Auswärtigen Amt. Der Gesetzentwurf könne nun im Kabinett beschlossen werden. „Im anschließenden parlamentarischen Verfahren wird es weitere Beratungen geben. Ziel ist und bleibt, die Fähigkeitsziele der Nato zu erfüllen und die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands zu stärken.“

Was die Union will

Auch Unionsfraktionsvize Norbert Röttgen (CDU) setzt auf Nachschärfungen in den Beratungen des Bundestags. „Wir müssen jetzt konkrete Meilensteine vereinbaren, die einen Spurwechsel von der Freiwilligkeit zur Pflicht vorsehen, wenn diese nicht ausreicht, um unsere Ziele zu erreichen“, sagte er dem Nachrichtenportal „t-online“. „Das Prinzip Hoffnung kann in einem so wichtigen Bereich nicht handlungsleitend sein, und jedes Abwarten auf eine weitere Zuspitzung der sicherheitspolitischen Lage wäre unverantwortlich.“

Wie groß das Problem für die Koalition ist

Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) gibt sich trotz der Reibereien gelassen. Die Regierung habe noch viel zu erledigen: für die Wirtschaft, sichere Arbeitsplätze und den Abbau von Bürokratie, aber auch mit einer neuen Rolle in der Weltpolitik. „Und da wird es immer mal wieder auf diesem Weg ruckeln“, sagte der SPD-Chef und Finanzminister in den ARD-„Tagesthemen“. „Da wird es Debatten geben, da wird es unterschiedliche Meinungen geben. Aber am Ende zählt: Es gibt Gesetze, wir bringen Dinge auf den Weg. Und das tun wir am Mittwoch beim Wehrdienstgesetz.“

Allerdings ist dies nicht das einzige Problem der Koalition. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat bereits einen anstrengenden Herbst angekündigt. Denn dann muss sein schwarz-rotes Bündnis eine ganze Reihe von Reformen angehen. Und Differenzen gibt es auch in der Frage von Steuererhöhungen, die die SPD will, und Einschnitten in Sozialleistungen, die die Union verlangt.