Gewaltserie: Lange Haft im Stuttgarter Bandenprozess – Opfer im Wachkoma

Es ist ein weiteres Kapitel im Stuttgarter Bandenkrieg: Ein Mann rast mit bis zu 64 Kilometern pro Stunde auf einen Gegner zu. Das Opfer liegt seitdem im Wachkoma.

Nach einer brutalen Attacke mit dem Auto auf einen Rivalen im Stuttgarter Bandenkrieg ist ein Mann wegen versuchten Totschlags zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Der zur Tatzeit laut Gericht 24-Jährige hatte nach Überzeugung des Stuttgarter Landgerichts vor rund zwei Jahren den damals 31 Jahre alten Anhänger der verfeindeten Gruppe überfahren und lebensgefährlich verletzt. Das Opfer liegt seit der Tat im Wachkoma, aus dem es nach Aussage des Richters höchstwahrscheinlich nicht mehr zurückkehren wird.

Mit voller Wucht getroffen

Im Oktober 2023 hatte der Mann nach Überzeugung der Kammer gemeinsam mit vier Komplizen den Anhänger der gegnerischen Gruppierung attackiert. Weil das Opfer die Flucht ergriffen habe, habe der Angeklagte Gas gegeben und gezielt den Mann angefahren – der Tacho erreichte dabei laut Landgericht innerhalb von nur fünf Sekunden bis zu 64 Kilometer pro Stunde. „Dabei wussten und wollten Sie, dass dieser ums Leben kommen könnte“, sagte der Richter in seiner Urteilsbegründung.

Einen Tag später floh der Verdächtige laut Staatsanwaltschaft in der Türkei, er tauchte unter, wurde aber festgenommen und ein Jahr darauf ausgeliefert. Die Zeit in türkischer Haft wird auf die noch nicht rechtskräftige deutsche Strafe angerechnet.

Fehde tobt seit mehr als drei Jahren

Die Fehde im Raum Stuttgart tobt seit Mitte 2022. Höhepunkt der Auseinandersetzungen war bislang der Anschlag mit einer Handgranate auf eine Trauergemeinde in Altbach (Kreis Esslingen) mit mindestens 15 Verletzten. Nach einer früheren Schätzung des Landeskriminalamts gehörten den Gruppen einst mehr als 500 junge Menschen als Unterstützer, Mitläufer oder auch Führungsleute an.