EU-Kommission leitet Wettbewerbsverfahren gegen SAP ein

Die Europäische Kommission hat wegen mutmaßlicher Verstöße gegen EU-Wettbewerbsregeln ein Verfahren gegen den deutschen Softwarekonzern SAP eingeleitet. SAP habe womöglich seine Vormachtstellung auf dem Markt ausgenutzt, um hohe Zahlungen für seinen Wartungs- und Kundenservice zu verlangen, teilte die EU-Kommission am Donnerstag mit. SAP kann demnach nun auf Brüssel zugehen und Teile seines Geschäftsmodells ändern, um ein Bußgeld abzuwenden. Der Konzern wies die Vorwürfe zurück.

Die EU-Kommission geht davon aus, dass SAP beim Wartungs- und Kundenservice seiner Software eine Vormachtstellung hat. Diese sichere sich der deutsche Konzern unter anderem dadurch, dass der Service automatisch Teil einer SAP-Lizenz sei, ohne dass Unternehmenskunden sich für einen anderen Anbieter entscheiden könnten. Durch eine automatische Verlängerung der Lizenz-Laufzeiten sorge SAP zudem dafür, dass ein Wechsel kaum möglich sei.

Unternehmen seien durch gebündelte Lizenzen teils außerdem dazu gezwungen, SAPs Wartungsservice für Software zu bezahlen, die sie gar nicht benutzten, teilten die EU-Wettbewerbshüter weiter mit. Entscheide sich ein Kunde dazu, den SAP-Service für einen bestimmten Zeitraum zu kündigen, fielen dafür Gebühren an, die mitunter genauso hoch seien wie die Kosten der SAP-Dienstleistungen im gleichen Zeitraum.

Dieses Geschäftsmodell könnte den Wettbewerb unter Software-Anbietern in der EU unverhältnismäßig stark eingeschränkt haben, „wodurch europäischen Kunden weniger Auswahlmöglichkeiten und höhere Kosten entstehen“ erklärte EU-Wettbewerbskommissarin Teresa Ribera. Die Kommission wolle sicherstellen, „dass Unternehmen, die auf die Software von SAP angewiesen sind, frei die Wartungs- und Servicedienstleistungen auswählen können, die am besten zu ihnen passen“.

SAP teilte am Donnerstag mit, die EU-Kommission beanstande Geschäftspraktiken, „die auf langjährigen Branchenstandards basieren und weltweit in der Softwareindustrie üblich sind“. Aus Unternehmenssicht stünden „die eigenen Richtlinien und Maßnahmen vollständig mit den Wettbewerbsregeln im Einklang“. SAP werde in dem Verfahren aber mit der EU-Kommission zusammenarbeiten.

Eine Frist für das Verfahren gibt es nicht. Bestätigen sich die Vorwürfe der EU-Kommission, droht SAP ein Bußgeld in Höhe von maximal zehn Prozent des jährlichen weltweiten Konzernumsatzes. Gemessen am SAP-Umsatz des vergangenen Jahres läge die Höchststrafe damit bei rund 3,4 Milliarden Euro.

Die SAP-Aktie sackte nach der Ankündigung der EU-Kommission am Donnerstag um rund 1,5 Prozent ab. SAP ist das wertvollste Unternehmen im deutschen Aktienindex und ist ein weltweit führender Anbieter von Software und Cloud-Dienstleistungen für Unternehmen. Die Software kommt unter anderem in der Personalverwaltung zum Einsatz. Der Konzern hat seinen Hauptsitz in Walldorf in Baden-Württemberg.