Im Weg stehende E-Scooter gehören in den Städten zum Alltag. Was etliche Berliner nervt, ist für blinde und sehbehinderte Menschen gefährlich. Mit einer Klage kommen sie aber zunächst nicht weiter.
Fußgänger- und Sehbehindertenverbände beschweren sich schon lange über Leih-E-Scooter, die achtlos auf Gehwegen abgestellt oder hingeworfen werden. Mit einer Klage gegen das Land wollte der Allgemeine Blinden- und Sehbehindertenverein (ABSV) Berlin die Situation verbessern. Bei der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Berlin zog die Organisation diese jedoch aus formalen Gründen zurück, wie eine Gerichtssprecherin mitteilte.
Zuvor hatte der Vorsitzende Richter Stepahn Groscurt erklärt, dass der Fall inhaltlich nicht geprüft werden könne, weil die Klage in ihrer bisherigen Form als unzulässig bewertet werden müsse. Der Verein wollte mit dem Verfahren erreichen, dass erteilte Sondernutzungserlaubnisse für rechtswidrig erklärt werden. Dafür hätte er aber laut Groscurth die jeweilige Erlaubnis einzeln anfechten müssen.
Feste Abhol- und Rückgabestationen
Ziel des Vereins ist es, dass das Land Berlin auf sogenannte Free-Floating-Modelle verzichtet. Nach dem bisherigen Modell dürfen Nutzer die E-Scooter auf Gehwegen in Empfang nehmen und dort auch wieder abstellen („Free-Floating-System“). Der ABSV kämpft darum, dass Verleiher zu festen Abhol- und Rückgabestationen verpflichtet werden.
„Die Unfallgefahr durch falsch abgestellte E-Scooter ist groß und bedeutet einen Rückschritt für die Barrierefreiheit“, sagte der Vereinsvorsitzende Dietmar Polok. Gerade für blinde und sehbehinderte Menschen entstünden durch die Roller lebensgefährliche Barrieren auf Wegen, die eigentlich sicher sein müssten. „Wir haben ein wichtiges Thema sichtbar gemacht und vielen Betroffenen eine Stimme gegeben“, erklärte Polok.
Verein schließt weiter Klage nicht aus
Die Rücknahme der Klage ist finanziell günstiger für den Verein als eine Niederlage vor Gericht. Zudem bewahrt er sich die Chance, das Thema erneut vor Gericht zu bringen.
„Das Verfahren hat die strukturellen Probleme klar aufgezeigt“, betonte ABSV-Rechtsanwalt Michael Richter. „Weitere juristische und politische Schritte schließen wir ausdrücklich nicht aus.“
Zunächst wollten die Prozessbeteiligten jedoch klären, ob auch eine andere Lösung möglich ist, wie es hieß. Der Blindenverein kündigte an, erneut rechtliche Schritte zu prüfen, sollte der Berliner Senat in den kommenden Monaten keine wirksame Lösung gegen das Abstellchaos vorlegen.
Gefahr auch für andere Verkehrsteilnehmer
Der Lobbyverband Fuss e.V. unterstützt den ABSV bei seinem Vorgehen. Die Situation sei auch für andere Verkehrsteilnehmer gefährlich, etwa für alte Menschen mit Rollatoren, sagte Vorstand Roland Stimpel im Vorfeld der Verhandlung.
Nach einer aktuellen Studie der Organisation stehen oder liegen 56 Prozent der Roller herum, wenn es keine festen Stationen gibt. Nach Angaben des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes gibt es in ganz Deutschland die gleichen Probleme.