Gelenkschmerzen: Fortschritt wirkt: So besiegte ich meine Entzündung im Knie

Christian* ist Mitte 20, als sein Knie anschwillt und schmerzt. Lange bleibt die Ursache im Dunkeln. Zwei Jahrzehnte später geht es ihm bestens – dank modernster Medizin.

Laufen war eigentlich nicht mein Ding. Damals, es war zu Jahresanfang 2005, war ich längst ein typischer Kraftsportler: gut 100 Kilo, Muskeln massiv; Läufer sehen anders aus. Aber zum Silvesterprogramm bei uns in Deutschlands hohem Norden zählte auch ein Zehn-Kilometer-Run, also machte ich mit.

Es war ein kalter Tag, die Straßen unter Schnee und Matsch und Glitsch – alle Teilnehmer waren sehr darauf bedacht, nicht auszurutschen und sich langzulegen. Weil man sich dadurch natürlich eher ungünstig bewegt, dachte ich mir erst einmal wenig dabei, als eines meiner Knie anschwoll und sich nur noch schwer beugen ließ. „Ich muss es wohl überbelastet haben“, dachte ich. Das würde bald vorübergehen, ich war ja nicht einmal 25.

Zum Orthopäden bin ich dann aber am Ende doch gegangen. Er punktierte das Gelenk, ließ Flüssigkeit ab, spritzte Kortison. Damit war das Thema zunächst einmal vorüber – scheinbar wenigstens. 

Denn in den Monaten darauf begann das Knie wiederholt ganz von selbst anzuschwellen, Tendenz schlimmer. Die Folge: wiederholte Punktierungen, mehr Kortison und keine dauerhafte Lösung. Irgendwie war die Orthopädie wohl nicht der Weg, um dem Leiden ein Ende zu machen. Und die Zeiträume zwischen meinen Plagen wurden immer kürzer. Ein dickes Knie – das trat immer häufiger, immer heftiger auf. Und: Es war immer nur ein Knie betroffen.

Was haben die Fingernägel mit dem Knie zu tun?

In der Hausarztpraxis saß ich eines Tages aus ganz anderen Gründen – und war überrascht, als der Doktor fasziniert auf meine Fingernägel blickte: „Ich sehe Ölflecken“, sagte er. Die haben nichts, das habe ich damals gelernt, mit Salat anmachen oder Motorradwartung zu tun, sondern sie sind Warnzeichen unseres Körpers. 

Die kleinen Flecken sehen wirklich so aus, als wäre etwas Öl unter dem Fingernagel. „Aha, das ist Schuppenflechte!“, sagte der Arzt. Na super, dachte ich, hatte ich doch die Stellen irrtümlich und schon länger für Nagelpilz gehalten und entsprechend an ihnen herumgedoktert. Vergeblich natürlich. 

Die Knie quälten mich weiter. Die Orthopäden gaben irgendwann auf: Man kann eben nicht unentwegt ins Knie stechen und Druck ablassen. Aber ich war nun auf dem Weg zu einer Diagnose, die wirklich relevant war. Damals kaum – und heute noch immer nicht ausreichend – bekannt ist nämlich, dass die Schuppenflechte nicht nur eine mehr oder weniger auffällige Hauterkrankung ist. In meinem Fall stand die Haut sogar ziemlich im Hintergrund. Tatsächlich wurden dort einige entzündete Stellen entdeckt, aber sie waren nicht dramatisch. 

Was mir die großen Probleme machte, mein dickes Knie, war dennoch verursacht durch jene Autoimmunerkrankung, meine Psoriasis eben, also die Schuppenflechte: Zellen der Körperabwehr ruinierten das Gelenk. Und so wechselte ich dann schließlich als Patient von der Orthopädie zur Rheumatologie. Eine gezielte Behandlung, basierend auf der Diagnose „Psoriasis-Arthritis“, begann. Ich war froh, dass ich endlich wusste, woran ich war. 

Damals behandelte man in aller Regel fast jeden mit einem der gebräuchlichsten Rheuma-Mittel überhaupt, Methotrexat (MTX). MTX unterdrückt das Immunsystem in einem Maß, das man einstellen kann. Das Mittel war aber schon bei moderater Dosis für mich ein ziemlich Respekt einflößendes Präparat. Zum Beispiel ging man damals davon aus, dass Männer, die es bekommen, keine Kinder zeugen sollen – wegen einer vermuteten Gefahr von Folgeschäden für den Fötus. Kinder wollte ich damals aber ohnehin nicht, also bekam ich nun MTX und Kortison als Langzeittherapie. 

Eine radikale Alternative bot man mir noch an: Ich hätte mein Knie regelrecht ausschälen lassen können oder gar radioaktiv behandeln, um die Gelenkhaut endgültig zu veröden. Sie hätte sich dann nicht mehr entzünden können, aber das hätte man auch niemals mehr rückgängig machen können. Das wollte ich nicht.

Mein Knie wurde durch die Medikamente etwas besser, aber nicht wirklich gut. Und die Besserung, die ging sehr langsam voran.

Eine Koryphäe bringt die Wende 

Ich war jung, ich wollte Spaß am Leben und beruflichen Erfolg: Es zog mich in die große Stadt. Als ich bald darauf zu einem Praktikum in Hamburg war, gab man mir den Rat, doch mal zur Koryphäe zu gehen, zum besten Experten. Und der war Hans-H. Euler. Euler hatte seine Praxis direkt an der Binnenalster. Er ist einer der coolsten Ärzte, die ich je kennengelernt habe.

Er redete sehr direkt, und er stellte meine Behandlung um – weg von den Spritzen. MTX habe ich dann als Tabletten bekommen, dazu noch ein weiteres Medikament, Leflunomid, zum Einnehmen. Und Kortison obendrein. Ich solle keine Angst vor hohen Dosen haben, denn mit denen ging es los – um sie dann wieder so weit wie möglich abzusenken.

Es funktionierte! Jetzt endlich stand meine Krankheit wirklich still. Es ging mir gut, das war enorm, eine Glückserfahrung. Es war ja zwischendurch so schlimm geworden, dass ich nur noch an Krücken laufen konnte, weil mein Knie so dick und so steif war. Die jährliche Grippewelle erinnerte mich allerdings daran, dass mein Immunsystem gedämpft wurde – ich nahm wirklich jeden Schnupfen mit, aber damit konnte ich leben.

Und ich reiste immer mit Equipment herum, was spöttische Zungen einen „Rentnerriegel“ nennen: Eine ordentliche Pillendose begleitete mich jahrelang überall hin. Doch damit muss ich heute nicht mehr leben. Mein Alltag sieht heute ganz anders aus, meine Lebensqualität ist noch einmal gewachsen. Die Ursache dafür? Medizinischer Fortschritt! 

Der Fortschritt ermöglicht Lebensqualität 

Auch heute brauche ich natürlich ein Medikament – die Störung im Immunsystem bleibt ja bestehen. Aber ich brauche es nur alle acht Wochen. Dann spritze ich mir selbst einen der modernsten Antikörper in die Bauchdecke. Das ist alles: Es bildet sich dort ein Depot. Und durch den Antikörper wird das falsche Signal der Immunabwehr unterbrochen. Sie greift meinen Körper nicht mehr an. 

Ich bekam es von den Nachfolgern von Professor Euler, aus dessen Praxis ist ein wirklich großes Versorgungszentrum für Rheuma und Autoimmunkrankheiten gewachsen. Viermal im Jahr gehe ich dort zu meiner Ärztin, Eva Christina Schwaneck, zur Kontrolluntersuchung.

Dass dieses neuartige Mittel sehr wirksam ist, konnte ich bald sehen – denn seinerzeit hatte ich äußerlich kleinere Schuppenflechte-Stellen am Haaransatz und an den Augenlidern. Die waren dann schon innerhalb der ersten zwei Monate verschwunden. Ich bin gesetzlich versichert, den Antikörper zahlt die Kasse, und das ist wirklich nicht überall so – bei uns in Deutschland aber schon.

Also habe ich deswegen keine Sorgen, und mit dem Knie tatsächlich auch nicht mehr. Es meldet sich heute überhaupt nicht mehr. Einen kleinen Sohn habe ich mittlerweile auch. Ich möchte ihn nie mehr missen und genieße die Zeit. Und wie gesagt: Laufen war eigentlich nie mein Ding. Trotzdem bin ich zwischendurch in eine Running-Community eingetreten und schließlich in Hamburg den Halbmarathon gelaufen. So schließt sich der Kreis!

*Das Protokoll wurde auf Wunsch anonymisiert.