Volksentscheid: Hamburgs Grundeinkommen droht zu scheitern – Gegner vorn

Beim Volksentscheid zum Grundeinkommen in Hamburg liegen die Gegner klar vorn. Warum viele Fraktionen und Experten das Modell kritisch sehen.

Die Verfechter eines ersten staatlichen Modellversuchs zur Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens in Hamburg drohen zu scheitern. Nach Auszählung von fast 400 von 673 Stimmgebieten steht das Verhältnis von Befürwortern zu Gegnern beim Volksentscheid „Hamburg testet Grundeinkommen“ bei etwa einem Drittel zu zwei Drittel, wie das Statistikamt Nord mitteilte.

Auch vom notwendigen Mindestquorum von 262.609 Stimmen sind die Befürworter noch weit entfernt. Die Abstimmungsbeteiligung am Volksentscheid zum Grundeinkommen sowie zum parallel laufenden Volksentscheid zu einem strengeren Klimaschutz lag den Angaben zufolge bei 43,6 Prozent.

Stadt soll 2.000 Menschen in Hamburg Grundeinkommen zahlen

Die Initiatoren wollen in dem ersten staatlichen Modellversuch 2.000 repräsentativ ausgewählte Hamburgerinnen und Hamburger drei Jahre lang mit einem Grundeinkommen ausstatten. In diesem Jahr wären dies monatlich 1.346 Euro zuzüglich Krankenversicherung gewesen. Eigene Einkommen würden jedoch angerechnet.

Würde der Modellversuch 2027 beginnen, würden auf die Stadt nach Berechnungen der Initiative Kosten in Höhe von circa 50 Millionen Euro zukommen. 

Die Initiative möchte in einem wissenschaftlichen Verfahren herausfinden, ob das Grundeinkommen funktionieren kann. So zeigte sich der emeritierte Volkswirtschaftsprofessor und Gründungsdirektor des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts, Prof. Thomas Straubhaar, vor der Abstimmung überzeugt, dass der Hamburger Modellversuch die Chance eröffnen würde, „zu lernen, wie ein Grundeinkommen gestaltet sein muss, um die Erwartungen – auch kommender Generationen – an einen fairen, bezahlbaren und starken Sozialstaat zu erfüllen“. 

Fast alle Bürgerschaftsfraktionen sind gegen den Modellversuch

Es gibt aber auch erhebliche Kritik. Abgesehen von den Linken sind alle Bürgerschaftsfraktionen gegen das Grundeinkommen. SPD und Grüne halten das Modell für zu teuer, es liefere auch keinen wissenschaftlichen Mehrwert, weil es an anderer Stelle bereits Modellversuche gegeben habe.

Außerdem sei das Grundeinkommen gar nicht bedingungslos, weil Einkommen angerechnet würden. Für die CDU stellt der Volksentscheid „ein kostspieliges, unausgereiftes Projekt zur Abstimmung, das mehr Fragen aufwirft als beantwortet“.

Auch arbeitnehmernahe Hans-Böckler-Stiftung skeptisch

Aber auch die arbeitnehmernahe Hans-Böckler-Stiftung riet von einem steuerfinanzierten Grundeinkommen ab. Unter anderem sahen deren Forscher die Gefahr eines trojanischen Pferdes, indem die Kosten als Argument für das Streichen aller Transferzahlungen einschließlich der Rente dienen könnten.

Das Grundeinkommen hätte auch erhebliche Auswirkungen auf die Lohnstruktur, würde es Arbeitgeber doch vollends von der Pflicht entbinden, Existenz sichernde Löhne zu zahlen, argumentierten sie. Am Ende stünde ein „Super-Kombilohn mit hohem Staatsanteil und einem niedrigen Arbeitgeberanteil“. Aus Sicht der Stiftungsforscher wäre es sinnvoller, etwa Ausbildung, Familien- oder Existenzgründung durch großzügigere Transfers zu fördern.

Es ist bereits der zweite Anlauf der Initiative zur Einführung eines Modellversuchs. Anfang 2020 hatten die Initiatoren schon einmal die notwendige Zahl von 10.000 gültigen Unterschriften zusammenbekommen. Ein anschließend geplantes Volksbegehren war jedoch im Sommer 2023 vom Hamburgischen Verfassungsgericht auf Antrag des rot-grünen Senats gestoppt worden. Die Initiatoren hatten ihren Gesetzentwurf daraufhin überarbeitet und die neue Initiative gestartet.

Volksentscheid sollte parallel zur Bundestagswahl stattfinden

Eigentlich wollten die Initiatoren von „Hamburg testet Grundeinkommen“ die Abstimmung zusammen mit der ursprünglich für September geplanten Bundestagswahl abhalten. Doch durch das vorzeitige Aus der Ampelregierung in Berlin war diese Wahl auf Februar vorgezogen worden, so dass der Volksentscheid nun ohne eine „richtige“ Wahl abgehalten wurde.