Nur noch 29 Ärztinnen und Ärzte in Sachsen-Anhalt führen ambulante Schwangerschaftsabbrüche durch. Die Landesregierung sieht die Versorgung gesichert. Anders sehen das die Grünen.
In Sachsen-Anhalt haben Frauen immer weniger Möglichkeiten für einen ambulanten Schwangerschaftsabbruch. Die Anzahl der Frauenärztinnen und -ärzte, die über eine Genehmigung für einen solchen Eingriff verfügen, ist seit 2017 auf 29 gesunken. Das entspricht einem Rückgang um 27,5 Prozent. Das geht aus einer Antwort des Gesundheitsministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Landtagsabgeordneten Susan Sziborra-Seidlitz hervor. Die überwiegende Anzahl an Schwangerschaftsabbrüchen wird nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ambulant durchgeführt – 2023 etwa waren es 83 Prozent in Arztpraxen beziehungsweise OP-Zentren und 14 Prozent ambulant in Krankenhäusern.
Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt waren vor acht Jahren noch 40 Ärztinnen und Ärzte zu einem ambulanten Schwangerschaftsabbruch befugt. „Das ist ein besorgniserregendes Ergebnis“, so Sziborra-Seidzlitz. „Der Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Frauengesundheit“, so die Grünen-Politikerin.
Studie sieht Lücken in bundesweiter Versorgung
Einer im August vorgestellten „Elsa“-Studie zufolge lebten zuletzt insgesamt 4,5 Millionen Menschen in Deutschland in Gebieten, die mehr als 40 Minuten mit dem Auto von der nächsten Einrichtung für einen Schwangerschaftsabbruch entfernt sind – die meisten davon in Bayern, gefolgt von Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen.
In Sachsen-Anhalt liegt die Versorgungslage mit entsprechenden Fachärzten und -ärztinnen nach Einschätzung der Kassenärztlichen Vereinigung indes flächendeckend mindestens im gesetzlichen Soll oder darüber. Abgesehen von den Landkreisen Börde und Jerichower Land liegt der sogenannte Versorgungsgrad demnach landesweit bei über 110 Prozent, in Dessau-Rosslau gar bei über 200 Prozent. Auch die nötigen Fahrtwege zu medizinischem Fachpersonal sind nach Ansicht der Landesregierung flächendeckend zumutbar, heißt es in der Antwort des Ministeriums.
Grüne: Regelung außerhalb des Strafgesetzbuches
Damit ruhe sich die Landesregierung jedoch auf dem Status quo aus, findet Sziborra-Seidlitz. Die Situation werde sich auch in Sachsen-Anhalt „über kurz oder lang verschlechtern“, glaubt die Grünen-Politikerin und fordert, dass sich das Land auf Bundesebene für eine Gesetzesänderung starkmacht. Die Strafbarkeit von Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland über den Paragrafen 218 des Strafgesetzbuches verhindere eine „verbindliche und praxisnahe Ausbildung zur Durchführung von Abbrüchen“.
Medizinstudierende würden immer wieder melden, dass die aktuelle Ausbildung zu dem Thema nicht ausreichend sei. Da sich in den nächsten Jahren viele Frauenärzte mit DDR-Ausbildung, in der umfassendes Wissen zu Schwangerschaftsabbrüchen noch Standard war, in den Ruhestand verabschieden, sei die flächendeckende Versorgung weiter gefährdet.
Nach geltender Rechtslage ist eine Abtreibung grundsätzlich strafbar, es sei denn, sie findet in den ersten zwölf Wochen statt und die Frau hat sich zuvor beraten lassen. Nicht strafbar ist ein Abbruch auch dann, wenn bestimmte medizinische Gründe vorliegen oder er wegen einer Vergewaltigung erfolgt.