Angehörige der Hanau-Opfer stehen auf der Bühne, „September 5“ gewinnt als bester Spielfilm: Bei der Verleihung des Hessischen Filmpreises gab es bewegende Momente und ernste Töne.
Es gab Auszeichnungen für den Streifen „Das Deutsche Volk“ über die rassistischen Anschläge in Hanau und für „September 5“ über das Olympia-Attentat 1972. Und es gab einen Ehrenpreis für Schauspieler Michael Kessler. Bei der Verleihung des hessischen Film- und Kinopreises in Frankfurt gab es am Abend bewegende Momente, sehr ernste Töne, aber auch unterhaltsame Abschnitte.
Besonders emotional wurde es, als der Regisseur Marcin Wierzchowski („Das Deutsche Volk“) mit Angehörigen der Opfer des Attentats von Hanau auf der Bühne stand. Vom Publikum gab es stehenden Applaus. Der Filmemacher nannte die Namen der neun Opfer und auch einiger Angehöriger.
In Hanau hatte am 19. Februar 2020 ein 43-jähriger Deutscher neun Menschen aus rassistischen Motiven erschossen. Nach dem Anschlag tötete er seine Mutter und sich selbst.
Angehörige der Opfer von Hanau auf der Bühne
Schauspielerin Melika Foroutan, die die neue Frankfurter „Tatort“-Kommissarin spielt, hielt die Laudatio: „Fünf Jahre später möchte immer noch niemand Verantwortung übernehmen“, sagte sie. „Bis heute möchte niemand für eine lückenlose Aufklärung sorgen. Nicht die Justiz, nicht die Behörden, nicht die Politik. So etwas darf es in Deutschland nicht geben.“
Als bester Spielfilm wurde „September 5“ von Tim Fehlbaum ausgezeichnet, der vom Olympia-Attentat 1972 in München handelt. „Die außerordentliche Konzentration des Kammerspiels, das eigentlich nur im Regieraum spielt, aber doch die ganze Welt im Blick hat, zieht das Publikum von Anfang an in den Bann“, befand die Jury.
Ehrenpreis für Michael Kessler
Zum Ende der Veranstaltung wurde der aus Wiesbaden stammende Schauspieler und Comedian Michael Kessler („Manta, Manta“, „LOL – Last One Laughing“) mit dem Ehrenpreis des Ministerpräsidenten gewürdigt.
Kessler sprach von seinen hessischen Wurzeln: „Groß geworden bin ich ja mit Bembel, Blauer Bock und Badesalz.“ Und auch in seinem heutigen Wohnort Köln stehe regelmäßig Grie Soß auf dem Esstisch. Kessler warnte vor einer geistigen Abstumpfung und Verrohung der Gesellschaft durch eher schlichte, profitorientierte und teilweise asoziale Inhalte – und sprach sich für ein stärkeres Miteinander aus.
Gala wird im kommenden Jahr ausgesetzt
Durch den Abend führte auf gewohnt launige Art Moderatorin Katrin Bauernfeind. Für die rund 1.100 Gäste in der Alten Oper war es die vorerst letzte Gala. Kürzlich war bekanntgeworden, dass die Film- und Kinopreise zwar auch 2026 verliehen werden, die festliche Gala aber aus Kostengründen pausieren wird. Auch das wurde während der dreistündigen Verleihung immer wieder mit spitzen Worten thematisiert.
Der mit 5.000 Euro dotierte Newcomer-Preis ging an die in Frankfurt geborene Schauspielerin Mala Emde („Meine Tochter Anne Frank“), die Laudatio hielt Julia von Heinz. „Du wirst immer und immer wieder Neuland erforschen, nie in einer Pose erstarren, dich in einer Schublade bequem einrichten“, sagte die Regisseurin über Emde, die aus New York zugeschaltet wurde.
Und welche Preise wurden noch vergeben?
Sonderpreis der Jury: Mehmet Akif Büyükatalays Thriller „Hysteria“Bester Kurzfilm: „Saigon Kiss“ von Hồng Anh NguyễnBester Hochschulabschlussfilm: „Magic Gulyás“ von Áron Farkas (Kunsthochschule Kassel)Bestes Drehbuch: „Das Erbe“ von Aliaksei Paluyan, Esther Bernstorff und Behrooz Karamizade
„22 Bahnen“ als beste Literaturadaption
Die Frankfurter Buchmesse vergab einen Preis für die beste Literaturadaption. Dieser ging an die Verfilmung „22 Bahnen“ von Regisseurin Mia Maariel Meyer, basierend auf dem Roman von Caroline Wahl. Wahl fehlte nach einer intensiven Zeit auf der Buchmesse die Stimme, so dass sie nicht viel mehr herausbrachte, als sich zu bedanken und „Cool“ zu sagen.
Der Hessische Rundfunk (hr) vergab zwei Preise: Der Preis für Schauspielerinnen und Schauspieler ging an Lisa Wagner, Nils Strunk und Justus von Dohnányi für ihre Arbeit in der ZDF-Serie „Die Affäre Cum-Ex“. Das Ensemble der ARD-Miniserie „Schattenseite“ über das Thema Cybermobbing bekam den Ensemble-Preis.
Neuer Preis würdigt queere Sichtbarkeit in der Branche
Neu war der QMS Respect Award, der queere Sichtbarkeit in der Branche würdigen soll. Mit diesem Preis wurde Filmemacher Axel Ranisch gewürdigt. „Es gelingt ihm spielerisch, gängige, mediale Darstellungen von Queerness aufzubrechen, zu hinterfragen und zu erweitern“, sagte QMS-Jurypräsidentin Connie Walther.
Mit dem Kinopreis, der an Betreiber von Filmtheatern verliehen wird, wurden dieses Jahr 19 gewerbliche Kinos mit insgesamt 170.500 Euro sowie 11 nicht gewerbliche Kinos mit zusammen 39.500 Euro gefördert.