Verfahren um Totschlag: Angeklagter weist Schuld an Tod seiner Ehefrau von sich

Ein 61-Jähriger soll im Mai auf der Ostseeinsel Fehmarn seine Ehefrau getötet haben. Er behauptet, sie habe sich selbst getötet. Eine Rechtsmedizinerin hält das für unwahrscheinlich.

Zum Auftakt des Prozesses um die Tötung einer 57 Jahre alten Frau auf der Ostseeinsel Fehmarn hat der Ehemann die Anklagevorwürfe zurückgewiesen. Seine psychisch kranke Frau habe sich selbst stranguliert, sagte der 61 Jahre alte Angeklagte unter Tränen vor dem Landgericht Lübeck. Der Mann muss sich wegen Totschlags vor Gericht verantworten. Er war am 19. Mai auf Fehmarn festgenommen worden und sitzt seither in Untersuchungshaft. 

Nach einem handgreiflichen Streit zwischen den Eheleuten habe sie gesagt, sie wolle sterben, sagte der Angeklagte. Er habe kurz den Raum verlassen und als er zurückgekehrt sei, habe sie mit einem Kabelbinder um den Hals am Boden gelegen. Doch eine Gerichtsmedizinerin wies in ihrem Gutachten diese Darstellung zurück. „Die Befunde der Obduktion sprechen dafür, dass das Opfer erwürgt wurde“, sage die Fachärztin für Rechtsmedizin.

Leiche wurde von Radfahrern entdeckt

Bei der Leichenöffnung wurden nach Angaben der Gutachterin unter anderem massive Einblutungen in Schleimhäute und innere Organe gefunden. „Die können nicht durch eine kurzzeitige Drosselung entstanden sein“, sagte sie am ersten Tag der Hauptverhandlung. Man könne sich zwar durchaus selbst erdrosseln, aber bei einem so dünnen Drosselwerkzeug wie einem Kabelbinder hätten auf der Haut entsprechende Spuren entstehen müssen. Solche Spuren seien aber bei der Obduktion nicht gefunden worden. 

Vielmehr seien massive Blutstauungen im Gesicht, an den Augen und in den Mundschleimhäuten festgestellt worden, die für eine massive manuelle Kompression sprächen, sagte sie.

Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft soll der Angeklagte seine Frau am 16. Mai in dem gemeinsamen Haus auf Fehmarn getötet und ihre Leiche in einen Graben unweit der Fehmarnsundbrücke geschafft haben. Dort wurde sie am 18. Mai gegen Mittag von zwei Radfahrern gefunden. „Wir haben zuerst gedacht, dort liege ein schlafender Obdachloser“, sagte einer der Zeugen aus. „Wir haben mit einem Stock die über dem Körper liegende Decke beiseitegeschoben und die Tote entdeckt.“ 

Polizei ging nicht von „echtem Vermisstenfall“ aus

Kurz zuvor hatte der Angeklagte seine aus Polen stammende Frau bei der Polizei vermisst gemeldet und die Vermutung geäußert, sie könne zu ihrer Familie nach Polen gereist sein. „Deshalb haben wir das nicht als echten Vermisstenfall angesehen“, sagte ein Polizeibeamter, der die Anzeige entgegengenommen hatte, vor Gericht.

An das, was nach dem Tod seiner Frau geschehen ist, kann sich der Angeklagte nach eigenen Angaben nicht erinnern. „Ich habe den Kabelbinder mit einem Saitenschneider gelöst und wollte sie beatmen, weil ich dachte, sie wäre noch am Leben, doch ich bin ohnmächtig geworden“, sagte er. „Als ich wieder aufgewacht bin, war sie weg.“

Weil der Angeklagte einen verwirrten Eindruck machte, soll er nun psychiatrisch untersucht werden. Der Prozess wird am 7. November (9.00 Uhr) fortgesetzt.