Polen führt Grenzkontrollen zu Deutschland ab dem 7. Juli ein

Polen wird wieder Kontrollen an der Grenze zu Deutschland ab dem 7. Juli einführen. Damit solle „der unkontrollierte Strom von Migranten hin und zurück begrenzt und auf ein Minimum verringert werden“, teilte der polnische Regierungschef Donald Tusk am Dienstag mit. Auch zu Litauen führt Polen demnach vorübergehende  Kontrollen ein. Zuvor hatte die Bundesregierung bereits Kontrollen an der deutsch-polnischen Grenze angeordnet. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) forderte eine gemeinsame Lösung.

Tusk verwies auf die Anordnung Berlins, Grenzkontrollen einzuführen. „Die Praxis an der polnisch-deutschen Grenze hat sich eindeutig geändert“, sagte der Ministerpräsident. Deutschland verweigere die Einreise von Migranten, die dort Asyl oder einen anderen Status beantragen wollten. Dieses neue Vorgehen an der Grenze habe „Spannungen und ein gerechtfertigtes Gefühl der Asymmetrie“ erschaffen. 

Warschau unterstütze zwar weiterhin den Schengen-Raum und „ein Europa ohne Grenzen und Einschränkungen, aber es muss einen geteilten und symmetrischen Willen von Seiten unserer Nachbarn geben“, erklärte Tusk. Die polnische Regierung sei sich bewusst, dass die Wiedereinführung von Grenzkontrollen „bestimmte Konsequenzen hinsichtlich der Bewegungsfreiheit der Menschen mit sich bringt“, fügte der polnische Regierungschef hinzu. Es gebe aber „keinen anderen Weg“. 

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte Anfang Mai verstärkte Grenzkontrollen und die Zurückweisung von Asylsuchenden an der polnischen Grenze angeordnet. Tusk erklärte daraufhin vor drei Wochen, dass er als Reaktion auf das Vorgehen der schwarz-roten Bundesregierung die Einführung von Grenzkontrollen zu Deutschland erwäge. 

Bundeskanzler Merz sagte am Dienstag in Berlin, die Migrationsfrage sei „ein gemeinsames Problem, das wir gemeinsam lösen wollen“. Deutschland stehe „mit der polnischen Regierung in ganz engem Austausch, um die Belastungen so gering wie möglich zu halten“, betonte er bei einer Pressekonferenz kurz vor der Bekanntgabe der neuen Grenzkontrollen durch Polen. Anders als in polnischen Medien dargestellt, gebe es „keine Rückführungen von bereits in Deutschland angekommenen Asylbewerbern nach Polen“, betonte der Kanzler.

Die SPD prangerte einen Rückschlag für den freien Personen- und Warenverkehr in Europa an. „Es war zu erwarten, dass Polen im Gegenzug zu den deutschen Binnengrenzkontrollen ebenfalls Kontrollen einführen wird“, sagte SPD-Fraktionsvize Sonja Eichwede der „Rheinischen Post“. „Das ist ein herber Rückschlag für den Schengen-Raum und die Freizügigkeit.“ Sie hoffe auf eine Rückkehr zu „einem Europa ohne Binnengrenzkontrollen“.

Auch der Polen-Beauftragte der Bundesregierung, Knut Abraham (CDU), warnte vor dauerhaften Grenzkontrollen. Die deutschen Grenzkontrollen seien zwar „als politisches Signal notwendig“ gewesen, „dass sich die Migrationspolitik in Deutschland geändert hat“, sagte Abraham der „Welt“. Die Lösung könne aber nicht darin liegen, „die Migranten nun zwischen Polen und Deutschland hin- und herzuschieben oder die Grenzkontrollen auf beiden Seiten zu zementieren“.

Die Opposition in Berlin machte Dobrindt für die Entscheidung Polens verantwortlich. Dieser habe mit seiner „Symbolpolitik“ an den Grenzen „nichts als Chaos“ und einen „Dominoeffekt“ in Europa ausgelöst, erklärte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Konstantin von Notz. Leidtragende dieser Politik seien nicht nur „die vielen Pendlerinnen und Pendler in den Grenzregionen, sondern auch die Wirtschaft“.

Auch der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jochen Kopelke, sah in den Kontrollen die Konsequenz einer durch das deutsche Vorgehen ausgelösten Entwicklung. „Es war zu erwarten, dass Polen bei den Grenzkontrollen nachzieht“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Es entsteht das, was alle befürchtet hatten: Die Nationalstaaten schotten sich ab, weil es keine gemeinsame Lösung gibt.“

Die Migrationspolitik war ein zentrales Thema im Präsidentschaftswahlkampf im Polen. Der Wahlsieg des Rechtsnationalisten Karol Nawrocki, der schärfere Kontrollen an der Grenze zu Deutschland forderte, war ein herber Rückschlag für Tusks liberal-konservative Regierung. Der Ministerpräsident stellte nach der Niederlage seines Verbündeten Rafal Trzaskowski bei der Präsidentenwahl Anfang Juni die Vertrauensfrage. Die Abstimmung im Parlament gewann seine Regierung.