Tarnkappen-Jets: Was heißt „Stealth“, wie funktioniert es, was unterscheidet die 6. Generation?

Mit der F-117A Nighthawk begann die Stealth-Ära. Geometrie und Beschichtung täuschen Radar. Die 6. Generation setzt auf vernetzte Kriegsführung und Hyperschall.

Im Dezember 1977 hob das Versuchsflugzeug „Hopeless Diamond“ aus dem „Have Blue“-Programm erstmals ab. Die „Hopeless Diamond“ gilt als das erste echte Stealth-Flugzeug. Unsichtbar war der Diamant natürlich nicht: „Stealth“ – „verborgen“ – bezieht sich ausschließlich auf Radargeräte. 

Ziel der Entwicklung war es, den Radarquerschnitt des Flugzeugs auf die Größe eines Vogels zu reduzieren. Dies war notwendig, da die Sowjetunion in den 1970er-Jahren Radarsysteme und bodengestützte Luftabwehrraketen wie die S-75 und S-200 einführte, die konventionelle Flugzeuge leicht orten konnten. Überwachungsflugzeuge wie die E-3 Sentry verstärkten diesen Druck, da sie eine lückenlose Überwachung des Luftraums ermöglichten.

USA führend in der Stealth-Technik

Den Durchbruch für den Bau eines echten Stealth-Jets lieferte ironischerweise eine ältere russische Forschungsarbeit von Pjotr Jakowlewitsch Ufimzew. Er hatte mathematische Modelle entwickelt, die die Radarreflexion geometrischer Formen berechnen konnten. Der leitende US-Entwickler Ben Rich nannte diese Gleichungen später den „Durchbruch für die Stealth-Technologie“. Auf dieser Technik basiert die Luftüberlegenheit der USA bis heute. Konkurrierende Großmächte wie China und Russland kamen erst 2017 über Prototypen hinaus.

Das erste einsatzfähige militärische Stealth-Flugzeug war die F-117A Nighthawk. Ihre eckige Form erinnerte an langgestreckte, geschliffene Diamanten. Diese eckigen Formen waren jedoch nicht zur Reduzierung der Radarreflexionen notwendig. Der Grund lag woanders: Die damaligen Computer konnten die Reflexionen runder und komplexer Formen nicht berechnen. Daher ähnelten die Jets dreidimensionalen Objekten aus frühen Computerspielen.

Form und Beschichtung „schlucken“ Radarstrahlen

Inzwischen sind diese Zeiten vorbei. Aktuelle US-Modelle wie der Luftüberlegenheitsjäger F-22, der Mehrzweckkampfjet F-35 in verschiedenen Varianten und der strategische Bomber Northrop B-2 sind allesamt gerundet. Die Anforderungen des Stealth-Designs sind nicht leicht zu erfüllen, da die Aerodynamik hinter der Radar-minimierenden Form zurückstehen muss. Dies führt zu instabilem Flugverhalten, das ohne permanente Korrekturen durch Computer nicht beherrschbar wäre. 

Die spezielle Form reduziert die Rückstrahlung von Radarsignalen, ebenso wie eine geheime Beschichtung der Außenhaut. Diese Beschichtungen, oft als RAM (Radar-Absorbing Material) bezeichnet, absorbieren elektromagnetische Wellen oder leiten sie gezielt ab, um die Rückstrahlung zu minimieren. Zudem spielen die internen Waffenschächte eine Schlüsselrolle, da sie die Radarsignatur durch glatte Oberflächen ohne externe Störquellen wie Waffenpylone oder Antennen reduzieren.

Mit der Zeit wuchsen die Anforderungen an „Stealth“. Ein Jet lässt sich nicht allein durch Radar orten. Die Hitzesignatur der Triebwerke muss reduziert werden, ebenso die Luftverwirbelungen, die ein Jet hinterlässt. Stealth-Technologie absorbiert nur die Radarstrahlen herkömmlicher Radaranlagen. Wahrscheinlich ist jedoch, dass Passivradartechnik militärisch genutzt werden kann oder dass aus bisher ungenutzten Frequenzen waffenfähige Signale gewonnen werden.

China holt auf

Anfangs waren die USA die einzige Macht mit „unsichtbaren“ Jets. Inzwischen verfügen auch Russland und China über einsatzfähige Maschinen. Besonders Peking holt schnell auf. China und die USA sind derzeit die einzigen Länder mit flugfähigen Erprobungsmodellen für Kampfjets der 6. Generation. China gelang ein PR-Coup, als es als erstes Land Videos von gleich zwei Maschinen zeigte.

Die Jets der 5. Generation haben ein Problem: Kleine Steuerflächen, etwa am Leitwerk oder den Höhenrudern, erzeugen Streuungen bei bestimmten Frequenzen von Niederfrequenzradaren. Ein „schwanzloser“ Rumpf, möglichst kleine Steuerflächen und eine langgestreckte, gleichmäßige Form der Außenkanten sollen dies lösen. KI und Sensorik solle weiter helfen, den Jet für Radargeräte unsichtbarer zu machen. 

Zu den Merkmalen der 6. Generation zählen auch vernetzte Kriegsführung und unbemannte Begleitdrohnen. Programme wie das US-amerikanische NGAD (Next Generation Air Dominance) und das chinesische Pendant integrieren solche Technologien, um die Situationswahrnehmung zu verbessern und die Einsatzflexibilität zu erhöhen. Diese Jets sollen zudem Hyperschallgeschwindigkeiten erreichen, was die Tarnung durch Geschwindigkeit ergänzt.

Zudem haben sich die Einsatzbedingungen geändert. Jets der 6. Generation sind keine klassischen Luftkampfjets, sondern vor allem Waffenträger für weitreichende Raketen. Diese führen den Kampf gegen das Ziel aus – idealerweise außerhalb der Reichweite des Gegners.

Europäische Stealth-Projekte 

China und die USA sind bei der Entwicklung von Jets der 6. Generation weit fortgeschritten. Russland verfügt mit der Su-57 über ein einsatzfähiges Modell der 5. Generation, doch wie weit die Entwicklung der 6. Generation vorangeschritten ist, bleibt unklar. Projekte wie das Future Combat Air System (FCAS) von Deutschland, Frankreich und Spanien sowie das britisch-italienisch-schwedische Tempest-Programm zielen darauf ab, bis Mitte der 2030er-Jahre eigene Jets der 6. Generation zu entwickeln. 

Die Europäer haben bislang keine Erfahrung mit dem Bau von Stealth-Jets. Sie sind in der 4. Generation stehengeblieben und planen, direkt ein Modell der 6. Generation zu entwickeln. Dies ist ambitioniert, da Tarnung nur ein Teil eines solchen Jets ist. Die Integration von Sensoren und Elektronik in ein Netzwerk, das über den einzelnen Jet hinausgeht, sowie Hyperschallgeschwindigkeiten sind weitere Herausforderungen. Europäische Projekte dürften zeitlich hinter China und den USA einsatzfähig werden. Um nicht veraltet zu sein, müssten ihre Leistungen deutlich überlegen sein.

Neue Überwachungsformen 

Der Hauptfokus der Stealth-Technologie liegt weiterhin darauf, Radar zu entgehen. Inzwischen droht jedoch eine neue Gefahr: die Überwachung durch Satelliten. US-Präsident Trump kündigte einen globalen Raketenschutzschild an, den er „Golden Dome“ nannte. Kernstück dieses Systems ist ein Netz aus erdnahen Minisatelliten, ähnlich wie Starlink. Anders als Starlink dienen diese Satelliten jedoch primär der lückenlosen Überwachung. Durch ihre niedrige Flughöhe und große Zahl könnten sie weitaus genauere Daten liefern. 

Solche Satellitensysteme nutzen optische Sensoren, Infrarotdetektion und Aperturradare, die unabhängig von klassischen Radarfrequenzen arbeiten und eigentlich zur Kartierung von Oberflächen entwickelt wurden. Dies zwingt zukünftige Stealth-Designs, nicht nur Radartarnung, sondern auch optische und thermische Signaturen zu minimieren, etwa durch fortschrittliche Kühlung der Triebwerke. Ein solches Satellitensystem – auch von China zu erwarten – könnte Stealth-Jets bereits auf dem Rollfeld erkennen und ihren Flug verfolgen.