Der Frust über den Bundesliga-Abstieg ist bei Holstein Kiel schnell überwunden. Vor dem Zweitliga-Start ist das Selbstbewusstsein groß. Der Abwehrchef macht eine forsche Ansage.
21 Niederlagen und 80 Gegentore hatten die Anhänger von Holstein Kiel in der vergangenen Saison verdauen müssen. Doch von nachhaltigem Frust über den Abstieg nach einem nur einjährigen Bundesliga-Gastspiel mit lediglich sechs Siegen ist keine Spur.
Dicht gedrängt standen die „Störche“-Fans beim letzten öffentlichen Training vor dem Saisonstart in die 2. Fußball-Bundesliga am Seitenrand. Bei Anti-Strandwetter mit Wind und Regenschauern regierte eine Grundstimmung: Vorfreude pur.
Abwehrchef mit mutiger Ansage
Für Kieler Verhältnisse ungewöhnlich forsche Signale gab’s von einem der Protagonisten höchstpersönlich. „Unser Ziel ist der Wiederaufstieg“, erklärte Verteidiger David Zec selbstbewusst. Und er ergänzte, dass dies auch der Coach gesagt habe.
Cheftrainer Marcel Rapp (46) relativierte die Einschätzung seines 25-jährigen Abwehrchefs in norddeutschem Jargon. „Wir haben eine gute Mannschaft mit viel Potenzial“, sagte der Pforzheimer, der in seine fünfte Saison in der Förde geht. „Und natürlich wollen wir so viele Spiele wie möglich gewinnen. Aber wir sollten zu diesem Zeitpunkt nicht so viel sabbeln, sondern machen. Wir wissen genau um die Stärke der Gegner.“
Wo die Mannschaft steht, weiß sie erst am Samstag
Wo die Mannschaft steht, ist vor dem Auftakt am Samstag (13.00 Uhr/Sky) beim SC Paderborn noch unklar. Holstein kam in den fünf Testspielen der Vorbereitung zu vier Siegen und einem Remis. Ein namhafter Gegner befand sich allerdings nicht unter den Prüfsteinen.
Tatsächlich wirkt der verjüngte KSV-Kader (Durchschnittsalter 24,1 Jahre) in der Breite aber ausgewogener als bei der Bundesliga-Premiere vor zwölf Monaten. Alle Positionen sind doppelt besetzt, das Gros der potenziellen Stammkräfte zählte schon in der Vergangenheit zum Holstein-Personal und ist damit mit den taktischen Abläufen vertraut.
Kiels Kader: verjüngt und ausgeglichener
Zwar schmerzt der Verlust von Top-Scorer Shuto Machino (elf Treffer und vier Assists in Liga eins), dessen Wechsel zu Borussia Mönchengladbach den Kielern eine Rekordeinnahme von maximal zehn Millionen Euro beschert. Und auch der Abschied von Mittelfeld-Kämpfer Nicolai Remberg (für 2,4 Millionen Euro zum HSV) tat weh. Ansonsten aber zählte von den elf Abgängen nur Timo Becker zur Kategorie Stammspieler.
Sportchef Olaf Rebbe untermauerte mit dem Machino-Deal nicht nur seinen Ruf als cleverer Verhandlungsstratege in Transfer-Pokerrunden. Der 47-Jährige – seit dem 22. April im Amt – erfüllte seinem Trainerstab auch den Wunsch, möglichst schon im Trainingslager in den USA (29. Juni bis 9. Juli) mit dem kompletten neuen Aufgebot arbeiten zu können.
So wurde noch vor dem Machino-Abgang der Norweger Jonas Therkelsen von Strömsgodset IF für 1,9 Millionen Euro verpflichtet. Der 22-Jährige könnte den Part des Japaners übernehmen. Ein namhafter Ersatz für Machino ist ungeachtet des üppigen Überschusses in der Transfer-Bilanz vorerst nicht angedacht.
Trotz Machino-Millionen keine spektakulären Transfers
Neu aufgestellt ist das zentrale Mittelfeld mit dem österreichischen Routinier Stefan Schwab (34), der als Führungskraft die Rolle des abgewanderten Lewis Holtby (34) übernehmen soll. Dazu kommen das dänische Talent Kasper Davidsen (20/kam für 1,6 Millionen Euro von Aalborg BK) und dem vom SC Freiburg ausgeliehenen Robert Wagner (22).
In vorderster Front stehen bekannte Gesichter wie der neue Kapitän Steven Skrzybski (32), Alexander Bernhardsson (26) und Phil Harres (23) für gehobene Ansprüche.
Ziel: Mehr Stabilität in der Defensive
Im Tor kämpft Jonas Krumrey (21/RB Salzburg) mit Platzhirsch Timon Weiner um die Nummer eins. Rapp hätte keine „Bauchschmerzen, jeden spielen zu lassen. Von dem her hat man die Qual der Wahl.“
Davor sollen vornehmlich die bereits in den Bundesliga-Tagen gereiften Zec, Marko Ivezic (23), Ivan Nekic (24), der nach Verletzung im Aufbau befindliche Marco Komenda (28) und der in den beiden ersten Spielen gesperrte Carl Johansson (31) der in der Bundesliga zu fragilen Defensive Stabilität verleihen.
Alleine diese vertrauten Namen verraten, dass der erste Eindruck eines Mega-Umbruchs täuscht. Von den insgesamt 16 Neuzugängen sind acht primär für die U23 der KSV eingeplant.