Fried – Blick aus Berlin: Macht Friedrich Merz den Schröder? Darauf kommt’s jetzt an

Kanzler Friedrich Merz will mit Kommissionen große Probleme lösen. So hat es ein Vorgänger auch gemacht. Doch die Erfahrung lehrt: Leichter wird es damit nicht.

Ein wenig erinnert Friedrich Merz an Gerhard Schröder. Warum das denn? Ich will es Ihnen sagen.

Vor der Sommerpause hat Merz bekräftigt, dass sich im Herbst diverse Kommissionen mit der Reform der Sozialversicherungen befassen sollen. Rente, Gesundheit, Pflege. Diese Kommissionen sollen „gute Ratschläge“ erarbeiten, sagte der Kanzler, „die wir anschließend auch in der Koalition umsetzen wollen“.

So ähnlich hat es Schröder auch gemacht. Rürup-Kommission, Hartz-Kommission, Süssmuth-Kommission, Weizsäcker-Kommission. In der rot-grünen Regierung gab es kaum ein wichtiges politisches Feld, das nicht von einer Gruppe von Experten durchpflügt wurde – oft unter Führung einer respektierten Persönlichkeit. Dem damaligen Oppositionsführer wurde es prompt zu viel. „Wir brauchen nicht neue Kommissionen in Deutschland“, moserte Friedrich Merz in einer Bundestagsdebatte 2002, „sondern wir brauchen neue Arbeitsplätze.“

Merz: Kommissionen sollen „gute Ratschläge“ erarbeiten

23 Jahre später macht er es nun selbst. Regierungen bilden Kommissionen, um schwierige Probleme in die Überparteilichkeit auszulagern. Dahinter verbirgt sich die idealistische Vorstellung, dass es nur ausreichenden Sachverstands bedarf, um Interessengegensätze zu überwinden und eine objektive Lösung zu schnitzen, hinter der sich alle versammeln können.

Schröder hat dieses Vorgehen einst mit dem Argument verteidigt, dass seine Politik umso mehr Legitimation erfahre, je mehr Leute er einbeziehe. Der SPD-Kanzler glaubte, auf diese Weise „obrigkeitsstaatliche Vorstellungen“ überwinden zu können, was sich im Nachhinein als Bumerang-Formulierung herausstellte, weil Schröder bekanntlich als Basta-Kanzler in die Geschichte einging.

Das konnte auch gar nicht anders sein, wie ein kurzer Rückblick zeigt. Manche Vorschläge der Rürup-Kommission für Gesundheit und Rente wurden später verwirklicht, so die Rente mit 67. Insgesamt zeigt sich heute die fehlende Durchschlagskraft der Kommission schon daran, dass es 20 Jahre später nun wieder eine braucht. 

Die Vorschläge der Zuwanderungs-Kommission von Rita Süssmuth wurden im Parteienstreit zerrieben. Eine gesteuerte Zuwanderung hätte man schon damals haben können, das aber wollte vor allem die Union nicht. Die Weizsäcker-Kommission schlug eine Verkleinerung der Bundeswehr und den Umbau zu einer Interventionsarmee vor und bereitete letztlich den Weg mit für das Ende der Wehrpflicht. Ihre Vorschläge, so weit sie überhaupt realisiert wurden, hielten der Veränderung der außenpolitischen Umstände nicht stand.

Am meisten haben die Vorschläge der „Kommission für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“, besser bekannt als Hartz-Kommission, das Land verändert. Schröder setzte die wichtigsten Elemente in der Agenda 2010 durch und zahlte mit dem Machtverlust den höchstmöglichen politischen Preis. Die Hartz-Reformen sind das Paradebeispiel dafür, dass Kommissionen sinnvolle Vorschläge erarbeiten können, die politische Arbeit damit aber nicht endet, sondern erst so richtig losgeht.

Der Titel des Basta-Kanzlers ist mithin eigentlich ein Kompliment für Schröder, weil er sich zumindest im Fall der Hartz-Reformen genau diesem Zwang zur Politik gestellt und sein politisches Schicksal damit verknüpft hat. Davon, ob Friedrich Merz auch da seinem Vorvorgänger ähnelt, hängt für das Land einiges ab.