Appelle änderten nichts: Die Toten vom „Paradiesstrand“ – Badeverbote im Rhein

Düsseldorf und Neuss verbieten das Schwimmen im Rhein. Sie werden voraussichtlich nicht die einzigen Großstädte in NRW mit dieser drastischen Maßnahme bleiben. Die Badeunfälle nehmen zu.

Einem Paar wird es direkt zu viel. „Das ist ja wie in St. Tropez„, sagt eine junge Frau. „Überall Leute und Kameras. Da wollen wir nicht mehr liegen“, meint sie im Vorbeigehen und sucht an der Seite ihres Freundes das Weite. Vermutlich ist die französische Filmkomödie „Der Gendarm von St. Tropez“ gemeint, in der Louis de Funès Jagd auf Nudisten macht. 

Am sogenannten Paradiesstrand demonstriert die Stadt Düsseldorf mit dem Ordnungsdienst den neuen Kurs am Rhein. Mit Kontrollen soll dem neuen Badeverbot Nachdruck verliehen werden. Düsseldorf macht den Anfang, das benachbarte Neuss zieht direkt nach und weitere Städte am Rhein wollen folgen. Der ernste Hintergrund: In diesem Jahr sind viele Badetote zu beklagen.

Viele Badeunfälle

Nach Daten der Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) sind im Rhein in Nordrhein-Westfalen in diesem Jahr bereits bis Ende Juli 10 Todesfälle zu beklagen. Im gesamten Vorjahr waren es 14 Unfälle, die höchste Zahl zumindest der vergangenen Jahre seit dem Jahr 2020.

„Der Rhein ist für Schwimmer eines der gefährlichsten Gewässer, die wir in Deutschland haben. Diese Gefährlichkeit wird leider nach wie vor allzu oft unterschätzt oder gar bewusst ignoriert“, sagt ein DLRG-Sprecher. Ein Badeverbot sende hoffentlich ein stärkeres Signal. 

Die Wasserschutzpolizei geht davon aus, dass mindestens zwei der Badetoten in diesem Jahr mit dem sogenannten Paradiesstrand in Zusammenhang stehen. Breiter Sandstrand, langgezogene Buchten, schattenspendende Bäume und ein grandioser Ausblick auf die Düsseldorfer Altstadtkulisse mit Rheinturm. Das zieht gerade in den Abendstunden und am Wochenende viele Leute an. 

Hohe Geldbußen möglich

Verstöße gegen das Badeverbot im Rhein werden in beiden Städten mit einem Bußgeld von bis zu 1.000 Euro geahndet. Alle anderen Maßnahmen in den vergangenen Jahren hätten nicht die Wirkung erzielt, die man sich erhofft habe, erklärt der Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) im WDR 5. 

„Trotz Schildern, trotz Warnhinweisen, trotz Social-Media-Kampagnen, trotz persönlicher Ansprachen sind immer wieder Menschen in den Rhein gegangen und haben diese Lebensgefahr unterschätzt“, betont er. Es gebe auch andere Bademöglichkeiten. In Schwimmbädern gebe es etwa Vergünstigungen für Menschen mit wenig Geld. „Niemand ist gezwungen, in den Rhein zu steigen.“

Ähnlich der Neusser Bürgermeister Reiner Breuer: „Dieses Verbot dient nicht dazu, Freude zu nehmen, sondern Leben zu schützen.“ Verboten ist in Neuss nun konkret, sich „planmäßig in mehr als knöcheltiefem Wasser aufzuhalten“, ob „zum Schwimmen, Plantschen, Sport oder zur Abkühlung“. Ausnahmen gebe es nur etwa für Einsätze und Übungen von Rettungsdiensten, das Ein- und Aussteigen bei Booten sowie für das Angeln und die Watfischerei.

Die Anziehung des „Paradiesstrands“

Zurück am sogenannten Paradiesstrand. Auch Düsseldorfs Ordnungsdezernent Christoph Zaum muss einräumen: „Das ist ja auch schön hier“. Vielleicht zu schön? Und dann noch die Bezeichnung „Paradiesstrand“? „Das ist aber kein offizieller Begriff, der „Paradiesstrand““, erklärt Zaum. Der Begriff, der bei Google so angezeigt werde, habe sich irgendwann eingebürgert. „Wir haben tatsächlich versucht, den bei Google rauszunehmen.“ Man werde vieles prüfen für mehr Sicherheit bis hin zum Aufploppen des Badeverbot-Hinweises bei dem Kartendienst. 

„Im Rhein baden ist wie Blümchen auf der Autobahn pflücken“, verdeutlichte jüngst eine Sprecherin der Wasserschutzpolizei die Gefahr. Strömungen, Strudel, Schiffsverkehr und plötzlich abfallende Uferbereiche machten den Fluss unberechenbar – auch für geübte Schwimmer. Bei Badeunfällen sind in den Flüssen und Schiffskanälen von NRW nach Daten der Behörde in diesem Jahr bereits insgesamt zehn Menschen ums Leben gekommen. Darunter sind laut dieser Statistik sechs Tote im Düsseldorfer Stadtgebiet. 

Oberbürgermeister Keller geht unterdessen fest davon aus, dass Düsseldorf mit seinem Vorgehen am Rhein Schule machen wird. „Wir stellen aktuell fest, dass fast alle Städte in unserer Nachbarschaft nachziehen wollen, dass sie sich erkundigen, wie wir das gemacht haben“, sagte er im WDR 5 weiter. 

Weitere Städte arbeiten daran

In Köln bereitet die Verwaltung eine Beschlussvorlage zur Einführung eines Badeverbotes im Rhein vor über die der Rat in seiner Sitzung am 4. September entscheiden solle, sagte ein Stadtsprecher der dpa.

In Krefeld habe Oberbürgermeister Frank Meyer (SPD) die Verwaltung beauftragt, ein Badeverbot für den Krefelder Bereich des Rheins verwaltungsintern abzustimmen und entsprechend umzusetzen, sagte ein Sprecher der Stadt und fügte hinzu: „Dieser Prüfungsprozess läuft zurzeit.“