Unter dem Motto „Mutig leben“ setzt das Festival Kunst, Kultur und Politik ins Verhältnis und schaut dabei auf aktuelle Konflikte – und auf Lehren, die aus der Vergangenheit gezogen werden sollten.
Erinnern an NS-Verbrechen und Warnung vor wiederkehrenden Idealen der Nazis: Mit der Vorstellung zweier Video-Arbeiten im von den Nazis gebauten früheren Gauforum und einer Tanz-Performance unter freiem Himmel hat das Kunstfest Weimar begonnen. Es ist die letzte Ausgabe unter der Führung von Rolf C. Hemke, der das Mehrsparten-Festival für zeitgenössische Kunst seit 2019 künstlerisch leitet. Es steht unter dem Motto „Mutig leben“.
TikTok und neofaschistischer Körperkult
Im Museum Zwangsarbeit im Nationalsozialismus, das sich im Gauforum befindet, ist die Arbeit „Bereitschaft“ von Jakob Ganslmeier und Ana Zibelnik zu sehen. Sie beziehen sich darin auf die Radikalisierung junger Menschen durch Social Media: Eine Bildschirm-Stele zeigt eine Collage aus unzähligen verfremdeten Videoclips der Plattform TikTok, in denen es um vermeintliche Ideale für Männerkörper geht, ähnlich wie sie im Nationalsozialismus propagiert wurden. Die Arbeit führe in eine rechte Bilder- und Gedankenwelt auf TikTok ein, sagte der Museumsleiter Daniel Logemann. Es sei ein „erschreckend unterhaltsames Kunstwerk“ am Puls der Zeit, sagte Hemke.
Videoinstallation israelischer Künstlerin
Im Glockenturm des Gauforums wird eine Videoinstallation der israelischen Künstlerin Sigalit Landau anlässlich des 80. Jahrestages der Befreiung des KZ Buchenwald gezeigt: In dem Video wird ein Teil der Fassade des Turms bemalt – am Ende fließt rote Farbe wie Blut aus dem Fenster. Der Beauftragte für den Kampf gegen Antisemitismus der Bundesregierung, Felix Klein, betonte bei der Vernissage zu Sigalits Werk, dass es aus seiner Sicht mehr denn je wichtig sei, sich gerade aus israelischer Sicht künstlerisch mit der national-sozialistischen Verbrechen auseinanderzusetzen. Künstlerinnen und Künstler aus Israel sollten nicht boykottiert werden.
Menschenrechtsaktivistin als Schirmherrin
Bei der offiziellen Festival-Eröffnung am Abend auf dem Theaterplatz sprachen unter anderem Bundesbildungsministerin Karin Prien (CDU) und Irina Scherbakowa. Die russische Menschenrechtsaktivistin Scherbakowa ist Schirmherrin des Festivals und Gründungsmitglied der Organisation Memorial, die 2022 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Sie betonte, dass Diktatoren nicht für die Ewigkeit seien. „Aber menschliche Werte und Werte der großen Kunst sind ewig“, so Scherbakowa.
Im Anschluss wurden nach und nach Zuschauer zu einer Tanz-Performance nach der Choreographie des libanesischen Tänzers Omar Rajeh unter freiem Himmel auf dem Theaterplatz dazu geholt.
„Faust“ und Wallraff
Beim Kunstfest sind in diesem Jahr bis zum 7. September 23 Ur- und Erstaufführungen sowie 46 Projekte geplant. Insgesamt stehen rund 150 Veranstaltungen auf dem Programm. Auch Goethes „Faust“ spielt bei einigen Produktionen eine Rolle. Mit „FaustX“ setzt der südafrikanische Regisseur Brett Bailey den Faust in Bezug zu den Tech-Oligarchen unserer Zeit, wie die Veranstalter mitteilten. Auch eine Uraufführung der Doku-Oper „Ganz unten“ nach Günther Wallraffs gleichnamigem Buch von 1985 ist geplant.
Kunstfest Weimar