Mit Spenden hat eine Initiative Menschen aus dem Gefängnis geholt, die wegen Schwarzfahrens einsitzen. Ziel ist die Abschaffung des Gesetzes, das noch aus der Nazi-Zeit stammt.
Die Initiative Freiheitsfonds hat für rund 100.000 Euro bundesweit 101 Menschen aus dem Gefängnis freigekauft, die wegen Schwarzfahrens einsitzen. Mit der Aktion fordern die Initiatoren die Abschaffung einer am 1. September vor 90 Jahren von den Nationalsozialisten eingeführten Rechtsnorm, die Alltagsdelikte wie das Fahren ohne Ticket bis heute unter Strafe stellt, wie es in einer Mitteilung heißt.
Nach Paragraf 265a Strafgesetzbuch muss jeder, der sich eine Fahrt in Bus oder Bahn ohne Ticket „in der Absicht erschleicht, das Entgelt nicht zu entrichten“ mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe rechnen. Die meisten Betroffenen landen nach Angaben des Projekts „Freiheitsfonds“ über den Umweg der Ersatzfreiheitsstrafe im Gefängnis, nachdem sie gerichtlich verhängte Geldstrafen nicht zahlen konnten. Jährlich seien bis zu 9000 Menschen betroffen, die teilweise monatelang ins Gefängnis müssen.
Grund für Schwarzfahren ist oft Armut
Mit Hilfe von Spendengeldern übernimmt der Verein die Geldstrafen und kann so die Inhaftierten freikaufen. Die Aktion fand bereits zum 14. Mal statt. Seit Gründung des Projekts Ende 2021 seien rund 100.000 Hafttage verhindert worden, so die Berliner Initiative. Allein an Haftkosten seien damit 21 Millionen Euro an Steuergeld gespart worden.
„Niemand gehört ins Gefängnis, weil er oder sie kein Geld für ein Busticket hatte“, sagte Leonard Ihßen, Sprecher der Kampagne in Dortmund. Die Inhaftierten seien in aller Regel von Armut betroffen, oft wohnungslos und psychisch krank. „Ihre Inhaftierung löst kein einziges Problem, sondern schafft nur welche“, so Ihsen. Vielmehr belaste ihre Unterbringung in Gefängnissen das Justizsystem unnötig.
Ampel-Regierung hatte Reform geplant
An der Zahlstelle der Justizvollzugsanstalt in Dortmund wurden wie in Frankfurt am Main mehrere Betroffene mit Bargeld freigekauft. In beiden Städten gibt es nach Auskunft des Sprechers besonders viele Inhaftierungen nach nicht gezahlten Geldstrafen für das Bus- oder Bahnfahren ohne Ticket. Weitere Inhaftierte aus zehn Bundesländern kommen nach Überweisungen an die Landesjustizkassen ebenfalls umgehend frei.
Die frühere Ampel-Koalition hatte geplant, das Schwarzfahren zu einer Ordnungswidrigkeit herabzustufen. Der Gesetzentwurf kam aber nach dem Bruch der Koalition nicht mehr zur Abstimmung. Nun sei Bundesjustizministerin Stefanie Hubig von der SPD gefragt, die „Abschaffung dieser sinnlos harten Strafen einzuleiten“, wie es in einer Mitteilung des Freiheitsfonds heißt.