Geld eintreiben, Wohnungen räumen – Gerichtsvollzieher sind in der Regel wenig beliebt. Eine gewisse Gefahr gehört zum Job und ist größer geworden. Künftig sollen sie im Einsatz besser geschützt sein.
Zum Schutz vor Angriffen erhalten Gerichtsvollzieher in Berlin stich- und schusssichere Schutzwesten. Das bestätigte die Senatsverwaltung für Justiz auf Anfrage. Die Auslieferung an die Beschäftigten soll im ersten Halbjahr 2026 erfolgen, wie eine Sprecherin sagte. Zuvor hatte der RBB berichtet.
Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) reagiert mit der Maßnahme auf die zunehmende Zahl körperlicher und verbaler Übergriffe auf die Beamtinnen und Beamten. 222 von ihnen hätten laut Justizverwaltung einen Bedarf an einer solchen Schutzweste angemeldet. „Es wird derzeit von Kosten in Höhe von rund 1.000 EUR brutto je Schutzwesten-Set ausgegangen“, erklärte die Justizsprecherin.
Gerichtsvollzieher bekommen Frust ab
Knapp 270 Gerichtsvollzieherinnen und -vollzieher gibt es in der Hauptstadt. Nach Angaben des Landesvorsitzenden der Obergerichtsvollzieher im Kammergerichtsbezirk Berlin, Martin Graetz, sind sie zunehmend Gefahren ausgesetzt. „Was an Frust gegenüber dem Staat da ist, bekommen wir oft ab“, sagt Graetz der Deutschen Presse-Agentur. Die allgemein zu beobachtende Verrohung erschwere die Tätigkeit der Gerichtsvollzieher zunehmend.
Graetz und seine Kollegen setzen im Auftrag der Justiz Geldforderungen bei Schuldnern durch oder stellen gerichtliche Schriftstücke zu. Auch die Pfändung von Gegenständen gehört zu ihren Aufgaben – oder die Räumung von Wohnungen oder Häusern. Sie treffen Menschen oft in Extremsituationen an – und sind dabei auch körperlicher Gewalt ausgesetzt.
In der Regel allein unterwegs
Graetz vermutet, dass in Berlin jeder Zweite seiner Kolleginnen und Kollegen schon eine bedrohliche Situation erlebt hat. Er selbst wurde nach eigenen Angaben vor vielen Jahren von einem Schuldner mit der Axt am Arm verletzt. Statistische Angaben zur Häufigkeit von Angriffen gibt es nach Angaben des Landesvorsitzenden aber nicht.
In der Regel sind die Gerichtsvollzieherinnen und -vollzieher allein unterwegs, wie Graetz berichtete. Wird eine gefährliche Situation befürchtet, wird die Polizei um Unterstützung gebeten. In Berlin gehörte etwa die Räumung einer Clan-Villa in Neukölln zu einem entsprechend spektakulären Einsatz, der aber friedlich verlief.
Rund 57 Millionen Euro haben die Berliner Gerichtsvollzieher laut Verein der Obergerichtsvollzieher im Kammergerichtsbezirk im Jahr 2023 bei Schuldnern eingetrieben. Aktuellere Zahlen liegen nicht vor.
Schutzwesten auch andernsorts
In Nordrhein-Westfalen wurden Ende 2023 in Köln die ersten von landesweit 750 Schutzwesten für Gerichtsvollzieher übergeben. Der Verband dort hatte seit Jahren darauf gedrängt.
Auch in Berlin hält ein Großteil der Beschäftigten solche Schutzwesten seit Langem für „wünschenswert“. Es gebe aber auch Kollegen, die skeptisch seien. So eine Weste schaffe möglicherweise auch eine Distanz zum Gläubiger – man sei aber auf ein Gespräch mit diesen angewiesen.
Nach Justizangaben besteht ein Schutzwesten-Set aus verschiedenen Hüllen, um vor Stichen oder Schüssen zu schützen. Es gebe unterschiedliche Tragevarianten, so dass sie über oder unter der Kleidung getragen werden könnten.